Buenos Aires. Ein argentinischer Richter hat die Verhaftung von Nicaraguas Präsident Daniel Ortega und seiner Vizepräsidentin Rosario Murillo angeordnet. Beiden werden "Verbrechen gegen die Menschheit" vorgeworfen. Konkret geht es um die Proteste 2018 in Nicaragua, bei denen nach Medienangaben 355 Menschen ums Leben kamen.
Zu den Hintergründen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von spontanen Protesten, während auch im US-Kongress von der direkten Ausbildung und Befähigung durch US-Institutionen zum Regime Change berichtet wurde (amerika21 berichtete).
Bei seiner Entscheidung beruft sich Richter Ariel Lijo auf das "Prinzip der universellen Zuständigkeit" für die im Jahr 2022 eingereichte Klage.
Er forderte außerdem Interpol auf, die Ergreifung über das rote Alarmsystem einzuleiten und lud das Präsidentenpaar zu einer Zeugenaussage vor. Lijo forderte auch die Verhaftung von weiteren Unterstützern der Regierung Ortega wegen "systematischer Menschenrechtsverletzungen".
Das Verfahren solle "ein wenig Licht in so viel Dunkelheit" und "ein wenig Gerechtigkeit für so viele Opfer" bringen, erklärte der Anwalt Darío Richarte in sozialen Medien.
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Richarte hatte Ortega 2022 vor der argentinischen Justiz nach dem "Prinzip der universellen Zuständigkeit" verklagt. Nach diesem Prinzip soll im Fall von Verbrechen gegen die Menschheit unabhängig vom Ort der Tat geurteilt werden können.
Der Jurist hatte die Klage zusammen mit seinen Studenten an der Universität von Buenos Aires in der Abteilung für internationales Strafrecht und Menschenrechte ausgearbeitet. Er erklärte dazu: "Der Haftbefehl gegen Ortega dient dazu, die anderen Diktaturen in Lateinamerika zu isolieren".
Das nicaraguanische oppositionelle Onlinemedium La Prensa zitierte dazu den aus dem Land kommenden Rechtsanwalt Danny Ramírez Ayérdiz vom Interamerikanischen Rechtshilfezentrums für Menschenrechte. Er bezeichnete den Schritt als Meilenstein, da das erste Mal für Nicaragua die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschheit in einem anderen Land einer gerichtlichen Prüfung unterzogen würden.
Die Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerikas (Alba) hat den internationalen Haftbefehl gegen Ortega und Murillo "kategorisch" zurückgewiesen. "Wieder einmal maßen sich die argentinischen Staatsinstitutionen falsche richterliche Befugnisse in der Region an", heißt es in einer Erklärung. Unter dem Vorwand der universellen Gerichtsbarkeit würden illegale und ungewöhnliche Anordnungen gegen rechtmäßig vom Volk gewählte Regierungen erlassen. Solche Anordnungen seien auch schon gegen Venezuela erlassen worden, ein anderes Mitgliedsland des Staatenbündnisses.
Am Montag hatte die Regierung von Venezuela die Klage von Richter Lijo ebenfalls zurückgewiesen. Sie bezeichnete sein Vorgehen als "illegal und illegitim". Das Außenministerium betonte zudem das Engagement Venezuelas für die Souveränität Nicaraguas.