Journalistisch verboten

Zur Berichterstattung über das angebliche Auftrittsverbot des Sängers Alejandro Sanz

Und wieder geht es um die Süddeutsche Zeitung (SZ). Dort wurde dieser Tage eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters aufgegriffen, der zufolge der spanische Pop-Sänger Alejandro Sanz in Caracas nicht mehr auftreten darf. Die SZ begab sich damit auf das Niveau der Oppositionspresse Venezuelas. Auch dort hieß es, der Präsident des Landes, Hugo Chávez, habe ein Konzert Sanz "verboten". Wie die Unterzeile der SZ ("nicht öffentlich auftreten") mit einem Satz in der Meldung selbst zu vereinbaren ist, können nur die Kollegen aus dem Panorama-Ressort erklären. Dort nämlich heißt es:

"Es bleibe dem Spanier unbenommen, an einem privaten Veranstaltungsort aufzutreten".

Politische Anschauung und Realität gerieten offenbar auch hier in Konflikt.

Aber was war tatsächlich geschehen? Sanz hatte 2004 in Caracas eine Pressekonferenz gegeben, um sein neues Album zu bewerben. In dem südamerikanischen Land fand damals eine Kampagne für ein Referendum zur Abwahl des Präsidenten Hugo Chávez statt. Nach damaligen Prognosen wollten drei Millionen Menschen für einen Abtritt des Staatschefs stimmen (und fünf Millionen dagegen). Sanz erklärte auf der Basis dieser Umfragen: "Ich würde mit dem Singen aufhören, wenn drei Millionen Menschen dafür unterschreiben würden". Unter dem Jubel der Chávez-Gegner kündigte er sogar an, ein Lied mit dem Titel "Drei Millionen Unterschriften" einzuspielen.

Solche Äußerungen waren kein Zufall. Wenige Wochen zuvor hatte Sanz in Miami, der Hochburg des kubanischen Exils, die Regierung in Havanna angegriffen. Sein damals aktuelles Album enthielt ein Stück, das wegen seines Kuba kritischen Textes zum Hit in Miami wurde. Kubas Präsident Castro habe sein Volk betrogen, sagte Sanz dann bei der Werbetour, um wenig später den Linken Chávez anzugreifen.

Das Vorgehen ist nicht neu: Auch Latino-Künstler wie Gloria Estefan oder Willy Chirino setzen auf rechte Inhalte, um einen in Lateinamerika ohne Zweifel bestehenden Markt zu bedienen. Den Absatzzahlen war das bislang dienlich. In Caracas bekam der 38-jährige nun die Quittung: Die venezolanische Regierung entzog Sanz die Erlaubnis, kostenlos in einem staatlichen Stadion aufzutreten. Öffentlich auftreten kann er entgegen der SZ-Meldung trotzdem, er muss sich dafür lediglich einen privaten Veranstaltungsort anmieten.

Nach seinem Auftritt 2004 wurde in Venezuela übrigens eine Initiative ins Leben gerufen, die Sanz beim Wort nahm und zur Aufgabe seines Berufes aufforderte. Eine entsprechende Petition hat bislang knapp 240.000 Unterstützer.