Studentische Welle der Gewalt

Eine Dokumentation gewalttätiger Aktionen gegen die geplante Verfassungsreform und deren Unterstützer

Einen Monat vor dem landesweiten Referendum über die Verfassungsreform in Venezuela terrorisieren oppositionelle Studierendenverbände der autonomen und privaten Universitäten das Land. Mit ihrem angeblichen Kampf für die "Freiheit" erreichen sie dabei die Aufmerksamkeit einer Weltöffentlichkeit, in der sich das Bild des "Diktators Chavez" verfestigen soll.

Vorläufiger Höhepunkt der gewalttätigen Protestaktionen war der Brandanschlag radikaler Studierender der privaten katholischen Universität Tachira, auf das dortige Parteibüro der Kommunistischen Partei Venezuelas. In den Städten Barquisimeto und Barcelona im Westen und Nordosten des Landes wurden im Laufe gewalttätiger Protestaktionen, nach Angaben des Innenministeriums 50 Polizisten verletzt.

Seit Beginn der heißen Phase in der politischen Auseinandersetzung um die Verfassungsreform vor gut 2 Wochen, beschränken sich die Proteste oppositioneller Studierendenverbände damit nicht mehr nur auf brennende Straßenblockaden und Scharmützel mit der Polizei, sondern richten sich zunehmend in direkten physischen Angriffen gegen Aktivistinnen und Aktivisten des Regierungslagers.

In Caracas wurden Studierende der Universidad Central de Venezuela (UCV) angegriffen, als sie vor der Fakultät für Sozialarbeit Flugblätter für die SI Kampagne zur Zustimmung zur Verfassungsreform verteilten. Nachdem zwischen 300 und 500 Studierende der Opposition, die kleine Gruppe von Regierungsbefürwortern mit Steinwürfen zur Flucht in das Gebäude zwang, wurde im Eingang des Gebäudes Feuer gelegt. Claudia Figueroa, Professorin der bolivarianischen Universität in Caracas berichtet, dass die herbeigerufene Feuerwehr der UCV nicht eingriff und dadurch die eingeschlossenen Studierenden durch Rauchentwicklung in eine lebensbedrohliche Situation gerieten. Auch die Polizei konnte, aufgrund des autonomen Status der Universität nicht eingreifen. Erst nach 2 Stunden konnten die Eingeschlossenen durch die Hilfe anderer Studierender befreit werden. Dabei sollen von beiden Lagern auch Schusswaffen zum Einsatz gekommen sein. 9 der befreiten Studentinnen wurden durch Rauchvergiftung zum Teil schwer verletzt. Nach Auskunft von Dr. Fernando Alvarado, Arzt der Uniklinik in Caracas, ist zu befürchten, dass bei einigen der Verletzten bleibende Schäden durch längeren Sauerstoffmangel verursacht worden. Die Fakultät der Sozialarbeit wurde im Laufe der Auseinandersetzungen fast vollständig zerstört.

Auch in Merida, im Süden des Landes finden seit Wochen gewalttätige Auseinandersetzungen statt. Dabei zerstörten Studierende der rechtsradikalen Movimiento 13 eine durch Regierungsgelder gegründete landwirtschaftliche Genossenschaft. Der gezielte Angriff auf Strukturen des bolivarischen Prozesses, dem die dortige Administration anscheinend nichts entgegensetzen kann, beantworten nun die organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter. Diese hatten letzte Woche den Fernsehsender der Universität besetzt. Zudem wurden Versammlungen einberufen, in denen über Maßnahmen diskutiert wurde, öffentliche Infrastruktur, wie Krankenhäuser und Busse von genossenschaftlichen Kollektiven gegeben falls selbst organisiert vor terroristischen Anschlägen radikaler Studierendenverbände zu verteidigen.

Die Befürworter des bolivarischen Prozesses sind also in den nächsten Wochen bis zum Referendum, an zwei Fronten gefordert. Neben der Mobilisierung für die Zustimmung zur Verfassungsreform, gilt es der Destabilisierung des Landes eine Absage zu erteilen. Dabei scheint in den Basisorganisationen weiter das Bewusstsein zu wachsen, die öffentliche Sicherheit nicht mehr einem korrupten und überwiegend reaktionärem Polizeiapparat zu überlassen. Zudem wird im Zuge der Auseinandersetzungen auch die Rolle der öffentlichen autonomen Universitäten in die Diskussion geraten, die in den letzten Jahren zunehmend Raum bieten für eine organisierte Kriminalität, die mit der konzeptionellen politischen Autonomie der Hochschulen nur sehr wenig zu tun hat.


Quellen: