Venezuela / Deutschland

Unruhestifter aus Übersee

"Schlüsselpositionen" nutzen: Deutsche Parteistiftungen intensivieren ihre Zusammenarbeit mit der venezolanischen Reaktion

Das deutsche Politestablishment mischt sich verstärkt in Venezuela ein. Aktuell freut sich insbesondere die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung (KAS), dass es ihren rechtslastigen Partnerparteien gelungen ist, bei den Regional- und Kommunalwahlen am Sonntag Terrain gutzumachen. "Opposition erobert Schlüsselpositionen" überschreibt ein KAS-Länderbericht (24.11.) seine Bewertung des Ergebnisses, das eine "persönliche Niederlage für Chávez" darstelle. Neben den beiden traditionellen Hochburgen Zulia und Nueva Esparta hatten die Rechten Venezuelas die Bundesstaaten Miranda, Táchira und Carabobo sowie den Hauptstadtdistrikt Caracas gewonnen. Wie die Sieger ihre neuen Positionen nutzen werden, um die Bolivarische Revolution von Präsident Hugo Chávez zu beenden, stand bereits vor den Wahlen fest.

Am 20. November schrieb die großbürgerliche Neue Züricher Zeitung, dass die zerstrittenen Oppositionsparteien versuchen werden, "ihre Machtbasis auf der lokalen und regionalen Ebene neu aufzubauen". In zwölf von 13 Wahlen und Abstimmungen seit 1998 waren sie Chávez und seiner Partei unterlegen. 2005 verweigerten sie sich sogar kurzfristig dem Urnengang zum Parlament und verloren damit die Asamblea Nacional als politische Bühne. Jetzt planen sie über die "Gobernaciones" und das Oberbürgermeisteramt von Caracas die Rückkehr zur Macht. "Sollten sie nach den Wahlen eine größere Zahl öffentlicher Ämter besetzen können, so hoffen sie, mit dieser Machtverschiebung den Grundstein für eine spätere Überwindung des Chavismus zu legen", prophezeite die NZZ - und lag damit richtig.

Wie aus deutschen Stiftungskreisen zu erfahren war, sind die Ziele inzwischen klar definiert: Spaltung der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV), Anerkennung und Zusammenarbeit mit den Gouverneuren der Opposition. In deren Bundesstaaten sollen "Sozialprogramme" durchgeführt und als Alternative zu den "Misiones" der bolivarianischen Regierung etabliert werden. Das soll einhergehen mit der Ansiedlung ausländischer Unternehmen.

Außerdem denken die Deutschen an eine verstärkte Zusammenarbeit im polizeilichen Bereich zwecks "Bekämpfung der Kriminalität". So entstünden militärische Strukturen, derer sich die Konterrevolution zukünftig bedienen will. Die europäische Rechtspresse sekundierte, indem sie "die" Kriminalität zum Topthema ihrer aktuellen Venezuela-Berichterstattung machte.

Den Internetseiten der SPD-nahen Friedrich Ebert Stiftung (FES) und KAS ist zu entnehmen, dass deren Venezuela-Büros bereits Grundlagen für ihr zukünftiges Vorgehen gelegt haben. Im Oktober veranstaltete die FES ein Forum mit der sozialdemokratischen Partei Podemos. Diese hatte 2007 das Chávez-Lager verlassen und operiert jetzt offen gegen die Bolivarische Revolution. An dem Treffen nahmen ihr Vorsitzender Ismael García sowie 30 regionale und lokale Führungskräfte teil. Sie arbeiteten mit ihren deutschen Beratern eine "soziale und wirtschaftliche Agenda aus der Perspektive der progressiven Linken" aus.

Gleichzeitig kümmert sich die KAS um die COPEI, die venezolanische Schwesterpartei der CDU, und die rechte Primero Justicia (PJ). Letztere unterstützte 2002 den Militärputsch gegen Präsident Chávez. Der KAS-Vertreter Georg Eickhoff riet seiner Stiftung am Montag, sie möge besonders den Austausch mit den Jugendverbänden der beiden Parteien stärken. Weiter schreibt er: "Nach den Wahlen müssen die neuen Möglichkeiten genutzt werden, denn es besteht Konsens, dass der Prozess der Stärkung der Partnerparteien wesentlich über die regionalen Amtsträger erfolgen wird." Dabei stört es Eickhoff nicht, dass er seinen venezolanischen Verbündeten eine hohe Anfälligkeit für Korruption bescheinigt. Aus letzterer entsteht der Schmierstoff, der die Konterrevolution antreibt.


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