Oaxaca: Windkraftanlagen verstärken Landkonflikte

Die Menschenrechtsaktivistin Bettina Cruz berichtet auf ihrer Europareise von neuen sozialen Konflikten durch Ausbau erneuerbarer Energien

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Windkraftanlagen in Oaxaca, Mexiko
Windkraftanlagen in Oaxaca, Mexiko

Potsdam. Der Ausbau erneuerbarer Energien in Mexiko schürt neue Landkonflikte. Besonders betroffen ist dabei die Landenge zwischen

dem Golf von Mexiko und dem Pazifik, dem Isthmus von Tehuantepec, berichtete die Menschenrechtsaktivistin Bettina Cruz aus Oaxaca am Dienstag in Potsdam.

Die Kritik der indigenen Gemeinden richtet sich dabei vor allem gegen die Umsetzung der Bauvorhaben. Zu keinem Moment würde die betroffene Bevölkerung konsultiert oder informiert, berichtet Bettina Cruz vom Verbund der Indigenen vom Istmo de Tehuantepec in Verteidigung von Land und Territorium. Mit der "Merkantilisierung der Luft" über ihrem Land würden die Menschen erst konfrontiert, wenn Firmenvertreter mit fertigen Verträgen oder gar Baumaschinen im Dorf stehen.

In vielen Gemeinden wurde die Bevölkerung zudem mit falschen Versprechen getäuscht. Arbeitsplätze wurden nicht geschaffen, die Pachtgebühren liegen unter Marktwert und es habe sich als Unwahr erwiesen, dass der Anlagenbau keine Auswirkungen auf die Umwelt haben würde. Die Baumaßnahmen hätten teilweise zu irreparablen Schäden geführt, die den Ackerbau in Zukunft unmöglich machen.

Des Weiteren schließen laut Cruz die Konzerne Pachtverträge mit Einzelnen oder auch mit nicht Befugten ab, wodurch die notwendigen Abstimmungen der ganzen Gemeinde umgangen wurden. Dieser Tatbestand verstößt zwar sowohl gegen die mexikanische Verfassung als auch gegen die Gesetze über indigenes Gemeindeland, doch korrupte oder vom Fortschrittsversprechen gelockte Lokalpolitiker deckten dieses Vorgehen, so Cruz weiter.

Staatliche Behörden und die Unternehmen reagieren auf Protest wiederum mit Einschüchterungen und Bedrohungen. Derzeit laufen gegen 40 Bauern- und Indigenenvertreter Ermittlungsverfahren. Die Aktivisten hatten versucht, den nicht genehmigten Bau eines Windparks auf ihrem Land zu blockieren. Auch gegen Bettina Cruz ist ein Verfahren anhängig, seitdem sie im Februar auf einer Protestaktion für mehrere Tage festgenommen wurde.

Mit gigantischen Windparks versucht Mexiko derzeit seinen Klimaschutzverpflichtungen nachzukommen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind auf dem Isthmus von Tehuantepec in Südmexiko bereits acht Windparks mit bis zu 1.200 der "großen Ventilatoren" und einer Leistung von 518 MW entstanden. 5.000 Windräder in 22 Parks sollen es nach den Vorstellungen des mexikanischen Energieministeriums bis 2014 werden.

Dabei leidet Mexiko keineswegs an Stromknappheit. Wie Cruz berichtet, bedienen die Windparks einzig die Verträge Mexikos mit einigen transnationalen Konzernen aus dem Energiesektor: "Nur weil Wind jetzt einen Preis hat, heißt das nicht, dass Tehuntapec Windenergie braucht." Ihre Kritik richtet sich auch gegen die Privatisierung und Vermarktung von Allgemeingütern wie Wasser und nun auch den Bewegungen der Luft.

Da der billig produzierte Strom mitunter direkt an Firmen wie Walmart oder Cemex geliefert wird und so einseitig zu deren Profitmaximierung beiträgt, spricht Cruz von einer weiteren Form von Neokolonialismus. Dabei gleicht der Wind ihrer Region einer Mine, dessen Kohle in die Zentren der Weltwirtschaft abtransportiert werde.