Schweizer Rohstoff-Multi verliert Mine in Bolivien

Bergwerk kehrt unter staatliche Kontrolle zurück. Arbeiter halten Zink- und Zinn-Mine seit Ende Mai besetzt. Zusammenstöße mit Verletzten

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Die Mehrheit der Bergleute in Colquiri sind für die Nationalisierung
Die Mehrheit der Bergleute in Colquiri sind für die Nationalisierung

La Paz. Das Schweizer Unternehmen Glencore verliert die Kontrolle über eine weitere seiner Unternehmungen in Bolivien. Der Vertrag über eine der drei Minen, die der Konzern aus dem Kanton Zug betreibt, wird annulliert. Das berichten verschiedene Medien übereinstimmend. "Dies wird keine klassische Nationalisierung sein, denn der Standort gehört bereits Comibol", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Chef der staatlichen Bergbaugesellschaft Comibol, Hector Cordova. Die Ausbeutung der Mine sei vertraglich geregelt, dieser Vertrag werde in dieser Woche aufgehoben. "Comibol wird die Arbeit dort fortsetzen, wo sie sie im Jahr 2000 beendet hat."

Der Vertrag mit Sinchi Wayra, dem bolivianischen Tochterunternehmen von Glencore, wird nach Protesten der Minenarbeiter aufgehoben. Ende Mai hatten Arbeiter die Mine in Colquiri im Departement La Paz besetzt. In Folge fanden Gespräche zwischen der Gewerkschaft der Minenarbeiter FSTMB, den Besetzern und dem Gewerkschaftsdachverband COB mit der Regierung statt. Nach ihrem Abschluss sagte Staatsminister Juan Ramon Quintana, die Regierung habe die Nationalisierung beschlossen. Der Wechsel vom privaten Sektor zum Staatsunternehmen werde geordnet ablaufen.

90 Prozent der Mitglieder der lokalen "Kooperative 26. Februar" sei für die Verstaatlichung, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur ABI. Am Donnerstag kam es gleichwohl zu Zusammenstößen zwischen Arbeitern und Mitgliedern der Kooperative. Dabei wurden zehn Menschen verletzt.

Die Nationalisierung der Gebiete der Mine, für die die Kooperative Lizenzen hält, war von der Zustimmung der Mitglieder abhängig gemacht worden. Sie wenden sich mit ihrer Entscheidung gegen die Politik ihres Dachverbands. Der Verband der Minen-Kooperativen Fencomin ist gegen Nationalisierungen in seinem Sektor.

Der Schweizer Rohstoffmulti Glencore, der als weltgrößter Rohstoffhändler gilt,  hat bereits Erfahrungen mit Nationalisierungen in Bolivien gemacht. In den Jahren 2007 und 2010 wurden zwei Zinnschmelzen des Unternehmens in dem südamerikanischen Land verstaatlicht. Noch im März hieß es, dass Bolivien einen neuen Vertrag mit Glencore geschlossen habe, nach dem das Unternehmen nur noch Minderheitenbeteiligungen bei der Ausbeutung von drei Minen im Land halten werde. Damals hatte Glencore nach Angaben von Comibol Investitionen von 100 Millionen US-Dollar angekündigt. Was daraus und aus den beiden anderen Minen Bolivar (Departement Cochabamba) und Porco (Potosí) wird, die von Glencore betrieben werden, ist derzeit offen.