Mobilisierung gegen "Charter-Städte" in Honduras

Indigene Gemeinden und soziale Bewegungen protestieren gegen staatsfreie Sonderwirtschaftszonen

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Miriam Miranda, Koordinatorin der OFRANEH, bei Protestveranstaltung vor dem Nationalkongress in Tegucigalpa
Miriam Miranda, Koordinatorin der OFRANEH, bei Protestveranstaltung vor dem Nationalkongress in Tegucigalpa

Tegucigalpa. In Honduras haben indigene Organisationen und soziale Bewegungen Aktionen gegen sogenannte Charter-Städte begonnen, mit denen die Regierung des Landes Sonderwirtschaftszonen schaffen will. So hat die Organisation der Gemeinden der Garifuna-Volksgruppen (OFRANEH) mit einer landesweiten und internationalen Unterschriftenkampagne begonnen. Damit soll erreicht werden, dass der Oberste Gerichtshof sich mit einem bereits im Januar 2011 verabschiedeten Dekret befasst und es für verfassungswidrig erklärt. Die Aktion wird von sozialen Bewegungen und Abgeordneten unterstützt. Charter-Städte sind Sonderwirtschaftszonen mit dem Charakter eines Stadtstaates.

Ein im Oktober des vergangenen Jahres verabschiedetes Verfassungsstatut hatte Ausländern in Honduras die Möglichkeit eingeräumt, in den Sonderwirtschaftszonen (Regiones Especiales de Desarollo, RED) Landbesitz zu erwerben. Die Wirtschaftszonen mit eigener Verwaltung, eigenem Haushaltsplan und eigener Gesetzgebung sollen autonom handeln können und dürften den Plänen nach sogar eigene Steuern erheben. Die nationale Regierung soll weder Abgaben etablieren noch einfordern dürfen.

Die Charter-Städte in Honduras sind ein Projekt von vier US-amerikanischen Investoren und einem Unternehmer aus Singapur. Unter anderem bewirbt Patri Friedman, Enkel vom neoliberalen Vordenker und Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman, das Projekt "Future Cities" seit 2011 als soziales Projekt. Es hat nach seiner Ansicht die Verbesserung der Lebensbedingungen der benachteiligten Bevölkerung in den RED zum Ziel.

Derzeit wird mit dem Parlament über zwei Gebiete verhandelt. Vor diesem Hintergrund berichtet Miriam Miranda, Sprecherin von OFRANEH, dass aktuell 24 Gemeinden in den Regionen Colón und Aguán von der Räumung bedroht sind. Es geht um Ländereien, die sich zwischen der Bahía de Trujillo und dem Rio Sico befinden. Dort wurden den Garifuna vom Nationalen Agrarinstitut (INA) jedoch Gebiete zur kollektiven Nutzung überschrieben.

Die Garifuna sind eine Volksgruppe, die im 17. Jahrhundert in der Karibik aus Nachfahren afrikanischer Sklaven entstand und deren Mitglieder insbesondere in Belize, Honduras, Guatemala und Nicaragua leben. Von der UNESCO wurden die Garifuna-Gemeinden als Weltkulturerbe anerkannt.

Laut Miranda geht es bei dem Projekt um den Ausverkauf der natürlichen Ressourcen, des Wassers, der Wälder und des Landes. Diese Ressourcen bildeten die Lebensgrundlage der Garifuna-Gemeinden, sagt sie. Ziel der aktuellen Unterschriftenkampagne sei daher auch, die Gemeinden und die internationale Gemeinschaft zu informieren und zu mobilisieren. "In drei Wochen wollen wir genügend Unterschriften sammeln, um den Fall vor den Obersten Gerichtshof zu bringen", so Miranda.

Nach Ansicht OFRANEH verstößt das Verfassungsstatut gegen die honduranische Verfassung. In Artikel 5 heißt es, dass honduranisches Land an Nicht-Honduraner weder verpachtet noch verkauft werden darf. Außerdem verstoße es gegen die ILO-Konvention zum Schutz indigener und anderer traditioneller Gemeinden, die die honduranische Regierung unterzeichnet hat. Jeder Landkauf und jede Investition sei somit illegal.