Venezuela

Schießerei auf dem Campus

Venezuela: Bewaffnete Auseinandersetzungen in Zentraluniversität zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung. Gegenseitige Schuldzuweisung

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Schießerei auf dem Campus
Auf dem Campus: Oppositionelle Studenten greifen Regierungsanhänger an

Caracas. Auf dem Gelände der Zentraluniversiät Venezuelas (UCV) ist es am Mittwoch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung von Präsident Hugo Chávez gekommen. Nach Angaben von Nachrichtenagenturen stießen beide Gruppen im Anschluß an eine Demonstration von Kritikern der geplanten Verfassungsreform zusammen. Im Laufe der Kämpfe besetzte eine Gruppe Bewaffneter die Schule für Sozialarbeit. Erst nach Verhandlungen zwischen ihnen und einem Militär, konnten 123 Personen - Studenten und Angestellte -das Gebäude verlassen. Neun Personen wurden verletzt.

Die Versionen über das Geschehen unterscheiden sich erheblich. Oppositionellen Studenten zufolge hatten sie eine Gruppe Maskierter von Motorrädern aus angegriffen, als sie in die Universität zurückkehrten. Andreína Tarazón, die einer regierungsnahen Studentenkommission angehört, beschuldigte jedoch die Regierungsgegner selbst der Aggression. Sie habe gemeinsam mit anderen Aktivisten vor dem Schulgebäude Flugblätter verteilt, auf denen zur Zustimmung zur Verfassungsreform aufgerufen wurde, als sie von oppositionellen Kommilitonen angegriffen worden sei. »Wir hatten gerade Plakate mit dem Ja aufgehängt, als sie Tränengasgranaten auf uns schossen, so Tarazón. Die angeblichen Angreifer hätten sich demnach vor den Attacken der Regierungsgegner in die Schule zurückgezogen. In der Oppositionspresse hieß es jedoch, sie hätten das Gebäude besetzt, um Geiseln zu nehmen. Die Version wurde von Nachrichtenagenturen übernommen und dadurch international verbreitet.

Über die Verfassungsreform soll in Venezuela Anfang Dezember eine Volksabstimmung stattfinden. Wird die Novelle angenommen, werden 69 der insgesamt 350 Artikel erneuert, Venezuela würde dann zu einem sozialistischen Staat werden. Oppositionsgruppen fordern eine Aussetzung der Reform.

Innen- und Justizminister Pedro Carreño kritisierte die Unileitung nach den Auseinandersetzungen scharf. Sie trage die alleinige Verantwortung für die Sicherheit auf dem Campus. Regierungsnahe Studenten hatten der rechtsgerichteten Universitätsleitung in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, oppositionellen Studenten freie Hand zu lassen.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.