Kolumbien / Venezuela

Freiheit durch Chávez

Kolumbien: FARC-Guerilla will erneut Gefangene an venezolanischen Präsidenten übergeben. Rechte ruft zu Demonstration gegen Rebellen auf

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Freiheit durch Chávez
Gut organisiert: Tage vor dem "spontanen" Protest werden in Kolumbien T-Shirts mit Parolen gegen die FARC verkauft

Bogotá. Die kolumbianische Guerilla-Organisation "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) will weitere Gefangene bedingungslos freilassen. Laut kolumbianischen Medienberichten handele es sich um drei vor sechs Jahren entführte Abgeordnete. Die Medien berufen sich auf eine Erklärung der Erklärung von Samstagabend (Ortszeit). Darin heißt es, die Politiker Luis Eladio Perez, Gloria Polanco und Orlando Beltran würden aus gesundheitlichen Gründen freigelassen. Außerdem solle die einseitige Aktion eine weitere "Geste der Anerkennung" gegenüber den Vermittlungsbemühungen des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und der linksliberalen kolumbianischen Senatorin Piedad Córdoba sein. Beide sollten erneut die Übergabe organisieren.

Mitte Januar hatten Chávez und Córdoba gemeinsam mit dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes die Freilassung von Clara Rojas, Wahlkampfchefin der ebenfalls gefangenen früheren Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt, und der ehemaligen Abgeordneten Consuelo González erreicht. Obwohl Chávez das Mandat für Vermittlungen durch den kolumbianischen Präsidenten Àlvaro Uribe entzogen worden war, konnte die Aktion Ende des vergangenen Jahres durchgeführt werden. Der Streit um eine Vermittlung des venezolanischen Präsidenten im kolumbianischen Konflikt hatte eine schwere diplomatische Krise zwischen Caracas und Bogotá ausgelöst.

Ziel der Mediation des venezolanischen Präsidenten war ein Austausch der Gefangenen von Rebellen und Regierung. Chávez hat mehrfach betont, seine Friedensbemühung auch ohne offizielles Mandat fortsetzen zu wollen. Die FARC hat neben Hunderten Kolumbianern etwa 40 sogenannte "politische Gefangene" in ihrer Gewalt, darunter neben Betancourt auch drei US-Bürger sowie mehrere Politiker und Militärs. Diese ist die Guerilla bereit freizulassen, wenn im Gegenzug 500 hinter Gittern sitzende Guerilleros auf freien Fuß gesetzt werden.

Die FARC wollen mit der neuen Freilassungsankündigung die Position des venezolanischen Präsidenten als Vermittler im Friedensprozess stärken. Uribe hingegen versucht, Chávez zu umgehen und warb bei einem Besuch in Europa kürzlich um Unterstützung für seinen militärischen Kurs gegen die Aufständischen. Er hofft nun, mit der Hilfe von Spanien und der katholischen Kirche weitere Gefangene freizubekommen.

Ein Erfolg ist aber zweifelhaft. Der katholische Klerus hat ebenso wie der spanische Staat im Gegensatz zu Chávez kaum Einfluss auf die Guerilla, geschweige denn Vorschläge für ein humanitäres Abkommen, auf das die FARC eingehen würde. Die katholische Kirche hatte unlängst verlangt, vor der Freilassung von Rebellen durch die Regierung müsse die FARC einseitig alle Gefangenen entlassen. Die Guerilla würde darauf wohl nie eingehen.

Die Ankündigung der FARC, weitere Gefangene auf freuen Fuß zu setzen, kommt in einem Moment zu dem die Rechte in Kolumbien zum Angriff auf die Guerilla bläst: Im Internet mobilisiert eine Gruppe rechter Kolumbianer zu einem "Protestmarsch gegen Entführungen" am Montag, der dezentral in vielen kolumbianischen Städten sowie Metropolen weltweit stattfinden soll. Die Initiatoren mussten dafür Kritik der Angehörigen der FARC-Gefangenen einstecken.

Die Angehörigen-Organisation Asfamipaz rief zum Boykott der offenbar politisch motivierten Proteste auf. Stattdessen wollen die Familienmitglieder der Gefangenen in einem Gottesdienst "für Frieden und Freilassung" beten. "Priorität hat für uns das Leben unserer Angehörigen und wir werden weiterhin alle Versuche unterstützen, ein humanitäres Abkommen zu erreichen", sagte Marleny Orjuela, Präsidentin von Asfamipaz.

Auch Ingrid Betancourts Schwester erteilte den FARC-Gegnern, deren Aktion von den kolumbianischen Medien stark beworbenen wird, eine Absage: "Abgesehen davon, dass die FARC keine terroristische Gruppe sind, handelt es sich um nichts anderes als eine Aktion der kolumbianischen Regierung und ihrer Freunde." Dass der Protesttag auch von den kolumbianischen Paramilitärs unterstützt wird, spricht für sich. Die "Vereinigten Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens" (AUC) riefen in einer Erklärung zur Teilnahme auf.


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