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Dialog statt Krieg

Venezuela setzt auf einen diplomatischen Ausweg aus dem kolumbianischen Bürgerkrieg - und steht deswegen in der Kritik

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Dialog statt Krieg
Unterstützung für Kurs des Präsidenten im Parlament

Caracas. Venezuelas Parlament hat am Donnerstag vergangener Woche dazu aufgerufen, die beiden Guerillaorganisationen des Nachbarlandes Kolumbien als politische Gruppierungen anzuerkennen. Man sehe die "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) und das kleinere "Volksbefreiungsheer" (ELN) nicht als Terrorgruppen, sondern als Organisationen mit "kriegführenden Charakter". Caracas geht mit dem Aufruf zur politischen Legitimierung der Rebellen in offene Opposition zu der bellizistischen Politik Bogotás - und zu den USA.

Der Schritt erfolgte kurz nach einer Vermittlungsmission des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez im Konflikt des Nachbarlandes. Ziel war ein Austausch der Gefangenen von Rebellen und Regierung. Die FARC halten derzeit knapp 50 politische Gefangene fest, die Regierung hat rund 500 Rebellen inhaftiert. Unterstützt wurde Chávez bei seiner Mission von der linksliberalen kolumbianischen Abgeordneten Piedad Córdoba.

Für die kolumbianische Staatsführung war die Initiative von vornherein eine Gratwanderung: Seit Jahren weigert sich die Uribe-Regierung, mit der Guerilla über einen humanitären Gefangenenaustausch zu verhandeln. Der Hintergrund ist simpel: Schließt eine Staatsführung ein völkerrechtlich wirksamen Abkommen mit einer Rebellengruppe, erkennt sie die Aufständischen juristisch an. Mit Terroristen aber verhandle man nicht, heißt es in Bogotá wie auch in Washington.

Die Verhandlungsmission von Chávez lief dieser Politik von vornherein zuwider. Als der venezolanische Präsident öffentlich Kontakt mit den FARC aufnahm, entzog ihm Uribe Ende November über Nacht wieder das Mandat. Doch Chávez macht weiter. Die Befreiung der beiden FARC-Gefangenen Consuelo Gonzáles und Clara Rojas sowie von deren dreieinhalbjährigen Sohn Emmanuel Anfang Januar bestätigte ihn und fand international Anerkennung.

Die jüngste Initiative für einen Dialog mit der Guerilla setzt diese Politik fort. Die Volksvertretung unterstützte den Präsidenten, weil eine Anerkennung der Guerilla nötig sei, "um vor künftigen Verhandlungen auf dem Weg zum Frieden in Kolumbien eine Vertrauensbasis zu schaffen". So genannte Terrorlisten, "die von der Regierung der USA einseitig diktiert werden", lehne man hingegen ab. Nach 2001 wurden sowohl die FARC als auch die ELN von den USA als terroristische Organisationen eingestuft. Bogotá folgte diesem Entscheid ebenso wie die Europäische Union.

In Kolumbien provozierte Chávez Aufruf und eine unterstützende Resolution durch das Parlament erwartungsgemäß Widerspruch. Bogotá bezeichnete den Vorstoß als "Einmischung in innere Angelegenheiten". Dass dieses Urteil mitnichten zutrifft, belegt eine weitere Wortmeldung. Ebenfalls am Freitag kritisierte US-Generalstabschef Michael Mullen die Politik Caracas´ als "Gefahr für die Stabilität in der Region". Auch beobachte man Waffenkäufe Venezuelas mit zunehmender Sorge. In Bogotá kam Mullen am Freitag mit dem kolumbianischen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos zusammen. Im Fall des Bürgerkriegslandes Kolumbien beunruhigt den obersten US-Soldaten Aufrüstung nicht: Im November erst hatte Bogotá in den USA Waffen im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar gekauft.