In San Salvador konnte Spaniens Monarch Juan Carlos I. am Samtag noch einmal Hof halten, so wie sie es seine Vorgänger während der Eroberung Lateinamerikas zu tun pflegten. Traditionsgemäß lud er die Oberhäupter der zentralamerikanischen Staaten zum Abschluß des 18. Iberoamerika-Gipfels zum Frühstück ein. Der einzige, der nicht kam, war Nicaraguas Präsident Daniel Ortega. Der Sandinist war nur für die Plenarsitzung am Donnerstag zu dem dreitägigen Treffen angereist und nahm auch nicht mehr an der Abschlußversanstaltung am Freitag teil.
Der Gipfel sollte sich eigentlich um das Thema "Jugend und Entwicklung" drehen. Stattdessen lag der Schwerpunkt aber auf der internationalen Finanzkrise und ihre Folgen für die Länder Lateinamerikas und der Karibik, wie in zahlreichen Beiträgen sichtbar wurde. Ein weiteres - ungeplantes - Thema war der politische Konflikt im Baskenland. Die Gipfelteilnehmer verabschiedeten eine Erklärung, in der sie dem "spanischen Volk" ihre Unterstützung im Kampf gegen die baskische Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) zusicherten. Diese hatte am Freitag vor der Universität der ultrakonservativen Laienorganisation Opus Dei in der navarresischen Provinzhauptstadt Iruñea (Pamplona) eine Autobombe gezündet. Es gab 28 Verletzte. Am selben Tag stellte das UNO-Menschenrechtskomitee in seinem Länderbericht fest, daß Spanien nichts unternommen hat, um die Folter auszulöschen. Des weiteren stellte die UNO fest, daß in Spanien die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Gefahr sei. Dazu nahm der Iberoamerika-Gipfel aber nicht Stellung.
Welchen Wert die lateinamerikanischen Staatsoberhäupter diesem Gipfeltreffen überhaupt zumessen, an dem neben Spanien und Portugal auch der europäische Zwergstaat Andorra teilnahm, zeigt nicht nur Ortegas rasche Abreise. Mit dem Nicaraguaner verließen ebenfalls die Präsidenten von Argentinien, Ecuador, Mexiko und Peru die Veranstaltung. Den Exodus hatte zuvor der brasilianische Präsident Inazio Lula da Silva eingeleitet, der nach Kuba flog, wo ihn sein Amtskollege Raúl Castro zu Gesprächen erwartete. Ebenso, wie der kubanische Staatschef gar nicht erst angereist war, fehlten die Präsidenten von Portugal, Uruguay und Venezuela. Der Comandante der Bolivarianischen Revolution, Hugo Chávez, hatte sein Kommen bereits am vergangenen Samstag öffentlich abgesagt, "weil man mir mein Leben nicht garantieren kann". Der Venezolaner begründete dies mit der Anwesenheit geflüchteter Militärs, die in Putsch- und Attentatsversuchen gegen ihn involviert waren. Chávez' Fehlen und Ortegas kurze Anwesenheit dürften die spanischen und salvadorianischen Protokollchefs entspannt haben, da so das Risiko minimiert wurde, daß Spaniens König wieder aus der Haut fahren würde. Das war beim vorherigen Gipfel 2007 in Chile passiert. Ortegas harsche Attacken gegen das ausbeuterische Gebahren spanischer Firmen in seinem Land, hatten Juan Carlos de Borbón in Rage versetzt. Als dann auch noch Chávez dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero ins Wort fiel, platzte dem einzigen nicht demokratisch legitimierten Staatsoberhaupt der Kragen. Juan Carlos I. fuhr den Venezolaner an: "Warum schweigst du nicht endlich?!"
Tatsächlich sind die Herausforderungen, denen sich die Länder Lateinamerikas und der Karibik stellen größer als die Teilnahme an einem Event, das bestenfalls dazu dient, der in Spanien angeschlagenen Monarchie eine internationale Bühne zu bieten. In Argentinien hat die Automobilindustrie Arbeiter entlassen, angeblich weil der Absatz in Brasilien zurückgegangen sei. Daran kann die Finanzkrise schuld sein, muß sie aber nicht, da die Oligarchie per se "Linkskurs" von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner bekämpft. Brasilien denkt, seine umfangreichen Maßnahmen werden die Liquidität der heimischen Wirtschaft sichern. Amerikas Neoliberale aber hoffen, daß die niedrigen Ölpreise Chávez' sozialistisches Projekt bremsen werden.