Amerikas

Bertelsmann-Stiftung kontra Venezuelas "Versuchung"

Das Internetportal german-foreign-policy.com verweist auf neue außenpolitische Richtlinien der Bertelsmann-Stiftung

Die Bertelsmann-Stiftung fordert eine "harte Anpassung" der Wirtschafts- und Sozialpolitik Venezuelas und verlangt dafür "externe Unterstützung" durch die USA und die Europäische Union. Die "dezidiert antimarktwirtschaftliche" Politik des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez bedrohe nicht nur die "Stabilität" Lateinamerikas, erklärt der einflussreiche Think-tank und Mehrheitseigner des Bertelsmann-Medienkonzerns; sie schüre auch in anderen Armutsregionen der Welt die "Versuchung", gleichgerichtete "radikale" Maßnahmen zu ergreifen. Die Aussagen entstammen dem soeben in aktualisierter Fassung publizierten "Bertelsmann Transformation Index" (BTI), der die Staaten außerhalb der westlichen Wohlstandszentren hinsichtlich ihrer Bereitschaft beurteilt, eine "Transformation" gemäß deren Vorgaben durchzusetzen. (...)

In ihrem BTI wirft die Bertelsmann-Stiftung Hugo Chávez, den sie als "populistischen Diktator" verunglimpft, vor, eine "sozialistische Revolution" durchzuführen. Diese manifestiere sich, so heißt es, in der "Nationalisierung" von Unternehmen in "strategischen Sektoren" sowie darin, dass Chávez’ Regierung das "Recht auf Privateigentum" auszuhebeln suche, etwa durch die Verteilung brachliegender Ackerflächen an landlose Bauern. Laut BTI demonstriert die Regierung Venezuelas mit diesen Maßnahmen nicht nur eine "mangelnde Bindung" an die "Idee" der Marktwirtschaft, sondern sogar eine "offen feindliche" Einstellung ihr gegenüber.

Besonders gefährlich erscheint Bertelsmann offenbar, dass weitere lateinamerikanische Staaten wie Boli­vien oder - laut BTI - auch Argentinien dem Beispiel Venezuelas folgen. Angesichts extremer Armut und des Ausschlusses breiter Bevölkerungsschichten aus dem öffentlichen Leben sei die "Versuchung" geradezu "verständlich", ebenfalls eine "radikale" Politik zu unterstützen, heißt es im BTI. Zusätzlich nutze Venezuela seinen Erdölreichtum gezielt als "politische Waffe", um für den "Sozialismus" in Lateinamerika und darüber hinaus "Reklame zu machen", schreiben die Autoren. Als Beleg nennen sie verbilligte venezolanische Öllieferungen an Kuba, Nicaragua oder die Armenviertel Bostons, New Yorks und Londons, aber auch Caracas’ Kooperation mit der verstaatlichten bolivianischen Ölindustrie.

Da Venezuelas Präsident Chávez seine "Vision des Sozialismus" nicht nur im eigenen Land, sondern in ganz Lateinamerika und sogar "auf der gesamten Welt" realisieren wolle, sei die Entwicklung einer "effektiven Gegenstrategie" notwendig, fordert die Bertelsmann-Stiftung. (...)

Das Prinzip der demokratischen Willensbildung, das die Bertelsmann-Stiftung ansonsten gerne als einen Indikator für "gute Regierungsführung" (Good Governance) benennt, wird in diesem Zusammenhang negativ beurteilt. Wie es im BTI heißt, habe die Ausübung von "Partizipationsrechte(n)" seitens der Bevölkerung "in den Andenländern zu massiven Mobilisierungen (ge)führt" und so "die Anfälligkeit für populistische Strömungen erhöht". (...)


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