Venezuela

Endspurt vor der "Enmienda"

Drei Tage vor dem Referendum über die Wiederwählbarkeit von Amtsträgern endet die Kampagne in Venezuela

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Endspurt vor der "Enmienda"
Abschlussdemonstration in Caracas (Bilder PSUV)

Caracas. Mit einer zentralen Demonstration endete gestern die Kampagne der Unterstützer des "SI" für die Wiederwählbarkeit von Amtsträgern. Die dafür notwendige Verfassungsänderung wird in Venezuela als "Enmienda" bezeichnet. Mehrere Hunderttausend Anhänger des Präsidenten zogen durch das Zentrum der Hauptstadt Caracas. Den ganzen Tag liefen Karawanen aus verschiedenen Stadtteilen der Hauptstadt im Zentrum zusammen, bis schließlich die gesamte Avenida Bolívar blockiert war. Die Gegenkampagne der Opposition für das "NO" fand bereits am vergangenen Samstag auf dem Platz Brión im Stadtteil Chacaíto ihren Abschluss. Danach wurden sehr unterschiedliche Zahlen genannt. Während die meisten Medien anschließend von mehreren Zehntausend Teilnehmern sprachen, hatten die Veranstalter die Teilnehmerzahl mit 200.000 angegeben. Die oppositionelle Tageszeitung El Nacional wollte sogar 600.000 Teilnehmer gezählt haben, eine Angabe die auch dpa übernommen hatte.

Unabhängig von der Mobilisierungsfähigkeit auf der Straße sehen auch die Umfrageinstitute die Unterstützer einer entsprechenden Verfassungsänderung mit 51 bis 57 Prozent knapp im Vorteil. Allerdings stellten die meisten Umfragen auch einen hohen Anteil an Unentschiedenen bzw. Meinungslosen fest, so dass eine eindeutige Prognose kaum möglich ist. Nach dem venezolanischen Wahlrecht dürfen in den letzten Tagen vor einer Abstimmung keine Umfrageergebnisse veröffentlicht werden, um propagandistischen "Mitnahme-Effekten" bei unentschlossenen Wählern vorzubeugen. Trotzdem betonte Präsident Hugo Chávez auf der gestrigen Demonstration noch einmal, dass die aktuellen Ergebnisse eine steigende Tendenz zur Zustimmung aufweisen.

Die Kampagnen waren in einer deutlich angespannteren Stimmung verlaufen als die Kommunalwahlen im November. Mehrmals hatten oppositionelle Gruppen gewalttätige Proteste organisiert. Umgekehrt hatten Unbekannte Gebäude der Opposition, der katholischen Kirche und der privaten Medien mit Farbe und Tränengas attackiert. Gestern hat der ehemalige polnische Präsident Lech Walesa zum zweiten Mal eine Reise nach Venezuela abgesagt. Auf Einladung oppositioneller Studentengruppen sollte der katholische Politiker fünf Tage das lateinamerikanische Land besuchen und sich mit der Opposition treffen. Über die Gründe der Absage kursieren widersprüchliche Meldungen. Vertreter der Opposition behaupteten zunächst, die Regierung habe Walesa die Einreise verweigert. Die Regierung wies diese Darstellung heute zurück. Nachdem Walesa den venezolanischen Präsidenten als "Diktator" bezeichnet hatte, erklärte Chávez, dass man das Verhalten Walesas genau beobachten werde. Daraufhin nahm Walesa von seinen Reiseplänen abstand. Genau die gleiche Episode hatte sich schon einmal im November letzten Jahres zugetragen.

Die Abstimmung wird am Sonntag von 8:00 bis 18:00 (Ortszeit) stattfinden. Dazu sind 17 Millionen Wahlberechtigte zugelassen. Erste Ergebnisse wird der Nationale Wahlrat (CNE) nach Auszählung von 95 Prozent der abgegebenen Stimmen veröffentlichen. Damit ist nicht vor 21:00 in Venezuela und 03:00 in Deutschland zu rechnen.