Kolumbien: Basis koordiniert sich gegen Staatsgewalt

Krieg gegen die Zivilbevölkerung nimmt zu. Soziale Organisationen treffen sich in Cauca. Marcha Patriotica nennt 560 neue Fälle von "falsos positivos"

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Teilnehmer der Anhörung in Caloto, Cauca.
Teilnehmer der Anhörung in Caloto, Cauca.

Bogotá. Über 1.000 Vertreter von 33 sozialen Organisationen haben sich am Wochenende im Norden des kolumbianischen Bundesstaats Cauca getroffen

, um eine öffentliche Anhörung zur alarmierenden Menschenrechtssituation in der Region durchzuführen. Die Friedensaktivistin Piedad Córdoba und der linke Abgeordnete Iván Cepeda nahmen an dem Treffen teil.

Vertreter des linken Basis-Bündnisses Marcha Patriótica wiesen darauf hin, dass es weiter zahlreiche Fälle willkürlicher Tötungen durch das Militär gebe. Im Gegensatz zu Aussagen von Präsident Santos hätten die Hinrichtungen durch das Militär keinesfalls aufgehört. Dabei töten Militärangehörige willkürlich Zivilisten, um sie als gefallene Guerilla-Kämpfer zu präsentieren. Die Organisation nennt 560 neue Fälle solcher "falsos positivos".

Zudem sollen im Jahr 2012 fünf Massaker stattgefunden haben, bei denen knapp 20 Menschen getötet wurden und fast 70 willkürliche Angriffe der Armee, bei denen 40 Kinder getötet oder verletzt wurden. Die afrokolumbianischen Gemeinden und die indigenen Organisationen prangerten bei der Anhörung auch die Zunahme der juristischen Verfolgung durch den Staat an. Sie lebten in ständiger Furcht, weil es hunderte Haftbefehle nicht nur gegen sie gebe, sondern auch gegen ihre Familienangehörigen, Freunde und Nachbarn. Über 30 Personen seien anhand gefälschter Aussagen und Beweise bereits festgenommen worden, so das Kommuniqué des Menschenrechtsnetzwerks des Südwesten Kolumbiens.

Laut dem Dokument bezeugt die Bevölkerung der Region, dass die FARC den angekündigten Waffenstillstand eingehalten hat. Die Informationen darüber, dass diese Guerilla bewaffnete Aktionen durchgeführt habe, wie die großen Medien in Kolumbien informierten, seien falsch. Hingegen verstärkte sich die durch Militärs und Paramilitärs ausgeübte Gewalt während des einseitigen Waffenstillstands der FARC noch, so das Kommuniqué weiter.

Die sozialen Organisationen sehen die Zunahme der Gewalt in Cauca als Teil des "Plans zur Konsolidierung des Territoriums" (Plan de consolidación territorial) PNC, der Regierung Santos. Die indigene Organisation NASAACIN empfindet den PNC eher als "einen Plan des Todes, der Invasion und der Zerstörung ihres sozialen Netzes".

Die Verschlimmerung der Menschenrechtssituation in Cauca ist mit Megaprojekten in der Agrar- und Bergbauindustrie verbunden, so die Forscherin des Instituts Arco Iris Fernanda Espinosa. Deren Umsetzung hat massive Vertreibungen verursacht und droht, die indigenen Gemeinden, Afrokolumbianer und Kleinbauern von ihren Ländereien zu vertreiben. 70 Prozent des Bundesstaats befänden sich bereits in Händen der Zuckerrohrindustrie.

Auch die Bergbaukonzerne Anglo Gold Ashanti, Cerromatoso und Carbonales hätten großes Interesse an den Grundstücken der Gemeinden. Es gebe rund 1.200 Bewerbungen dieser Firmen, um Bergbaulizenzen für die Nutzung von circa 1,6 Millionen Hektar Land zu erhalten. Bei der Anhörung lehnten die sozialen Organisationen und Menschenrechtler das Projekt "Lokomotive des Bergbaus" ab. So nannte Präsident Santos das Rückgrat seiner Wirtschaftspolitik.