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Athletin gewinnt erste Goldmedaille für Guatemala bei Olympischen Spielen

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Gewann "historisches Gold": Adriana Ruano aus Guatemala
Gewann "historisches Gold": Adriana Ruano aus Guatemala

Paris/Guatemala-Stadt. Adriana Ruano Oliva hat im Trap, auch Wurfscheibenschießen genannt, die Goldmedaille gewonnen. Der Erfolg am fünften Wettkampftag in Paris ist gleich mehrfach historisch: Es war die erste Goldmedaille für Guatemala bei Olympischen Spielen und die erste Medaille für das Land, die von einer Frau gewonnen wurde. Mit 45 abgeschossenen Scheiben wurde außerdem ein neuer olympischer Rekord aufgestellt.

Am Vortag hatte bereits Jean Pierre Brol Cardenas Bronze bei den Männern in derselben Disziplin gewonnen. Damit hat Guatemala bei den diesjährigen Olympischen Spielen bisher doppelt so viele Medaillen gewonnen wie bei allen Olympiaden davor, lediglich 2012 war eine Silbermedaille an Guatemala gegangen.

Die Teilnahme des mittelamerikanischen Landes an der Olympiade war lange fraglich gewesen. Das Olympische Komitee (IOC) hatte Guatemala im Oktober 2022 "wegen Verstößen gegen die Regeln des IOC" im Kontext von Korruptionsvorwürfen suspendiert. Im Februar dieses Jahres hatte sich Präsident Bernardo Arévalo während seiner ersten Europareise als Staatschef mit IOC-Präsident Thomas Bach getroffen. Am 6. März hatte das IOC die Suspendierung "vorläufig aufgehoben".

In einem Interview per Videoschaltung mit Ruano und Brol sagte der Staatschef, es sei "ein langer Prozess von Verhandlungen" mit dem IOC gewesen. "Die Sportler sollten bestraft werden für die Korruption", erklärte Arévalo, deshalb habe er das IOC gebeten "keinen definitiven Beschluss zu fassen". Schließlich hat das IOC der "schnellen und formellen Teilnahme Guatemalas mit allen Rechten, mit Fahne und Nationalhymne" zugestimmt. Die Athleten sind "lebende Legenden des Sports" geworden, so der Präsident.

Der sportliche Erfolg wurde in Guatemala enthusiastisch gefeiert. In Medien und sozialen Netzwerken war die Nachricht am Mittwoch das zentrale Thema, Prensa Libre widmete dem "historischen Gold" am Donnerstag die gesamte Titelseite.

Ruano und Brol stammen aus wohlhabenden Familien. Adriana Ruano begann bereits mit drei Jahren mit Ballett und Kunstturnen. Als Siebenjährige wurde sie Mitglied des Nationalen Turnverbandes und mit acht Jahren Mitglied der Nationalmannschaft. Sie verletzte sich in der Qualifikation für Olympia 2012 in London in der Disziplin Turnen und konnte den Sport nicht fortsetzen, erst danach begann sie mit Trap. Bei der Olympiade in Tokio 2021 belegte sie Platz 26. Neben ihrem Sport ist sie als Ernährungsberaterin tätig.

Jean Pierre Brol stammt aus einer Familie, in der mehrere Mitglieder das Scheibenschießen betreiben. Sein Vater Fernando Brol gewann Medaillen auf der Ebene von Lateinamerika, seine beiden Brüder Enrique und Herbert nahmen an der Olympiade 2016 in Rio de Janeiro teil. Jean Pierre ist studierter Agraringenieur, seine Familie soll über größeren Landbesitz in der Kaffeeproduktion verfügen.

Andere Athleten aus der diesjährigen Olympiamannschaft Guatemalas haben eine andere Lebensrealität. Alberto González, der am 10. August am Marathon für Guatemala an den Start gehen wird, stammt aus einem kleinen Ort im Landkreis Tecpán im Departamento Chimaltenango. Er habe von "vier Uhr morgens bis acht Uhr abends gearbeitet", erzählt er in einem Interview. Die Rundfahrt einer Etappe des Radrennens der Guatemala-Rundfahrt habe ihn "inspiriert", intensiv zu trainieren.

In der Verfassung von 1985, die den Übergang zur Demokratie regeln sollte, ist festgelegt, das mindestens drei Prozent des Haushaltes für Sport verwendet werden. Davon sollen für den in Verbänden organisierten Sport 50 Prozent ausgegeben werden, je 25 Prozent für nicht verbandbezogenen Sport und für den Schulsport.

Es gibt aber immer wieder Klagen über Korruption und unzureichende Förderung, wovon insbesondere Sportler mir geringen finanziellen Möglichkeiten betroffen sind.

Medien nennen des Weiteren die mangelnde Infrastruktur, die häufige Unterernährung bei Kindern und Jugendlichen und mentale Probleme als Schwierigkeiten des Breitensports in Guatemala.