Montevideo. Uruguays Wirtschaftsaufschwung der letzten zehn Jahre soll nicht nur in den Aufbau der Industrie fließen, sondern auch in Form integraler Entwicklung dem Volk zugutekommen, so die Forderung von Fernando Pereira, Koordinator der uruguayischen Gewerkschaftszentrale PIT-CNT. Seine Aussage steht in Zusammenhang mit einer neuen Kampagne der PIT-CNT vor dem 1. Mai. "Eine neue Etappe von Veränderungen für das Volk", heißt das Motto für die Demonstration durch Montevideos Innenstadt am Internationalen Tag der Arbeit.
Bei der Kundgebung werde nicht nur auf die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung in Uruguay zurückgeblickt, sondern es werden auch die Herausforderungen der Zukunft thematisiert, heißt es von Gewerkschaftsseite. Die Gewerkschaften fordern erhöhte Investitionen in den Bildungssektor, in das nationale Gesundheitssystem sowie in Wohnungsbau und Infrastrukturprojekte, außerdem sollen die Gehälter der Arbeiter angehoben werden. Die Gewerkschaftszentrale erkenne díe erreichten Fortschritte an, wisse aber gleichzeitig, dass noch viel zu tun bleibt, um mehr Rechte für die Bevölkerung durchzusetzen, so Pereira.
Die PIT-CNT hat Unternehmerverbände und soziale Organisationen dazu aufgerufen, gemeinsam an einer "Vereinbarung zur nationalen Entwicklung" zu arbeiten. Außerdem plant der Verband einen Warenkorb zu verminderten Preisen anzubieten. Bei den Lebensmittelpreisen ist die Inflation besonders spürbar. Mit dem Warenkorb soll nicht nur vielen Arbeitern der Zugang zu Grundnahrungsmittel zu gerechten Preisen ermöglicht werden. Es gehe auch darum zu zeigen, dass manche Großunternehmen widerrechtlich Nutzen ziehen aus der Anstrengung der zentralen Regierung, die Inflation zu zügeln. Das Angebot soll Zucker, Mehl, Öl, Fleisch, Gemüse und Früchte enthalten und 30 Prozent weniger kosten. Ab der zweiten Jahreshäfte soll der Warenkorb ausgegeben werden, zunächst an Mitglieder des PIT-CNT, später eventuell auch an andere Gewerkschaftsangehörige.
Die PIT-CNT ist die Nachfolgeorganisation der 1964 gegründeten Gewerkschafstszentrale CNT, die während der Diktatur (1973-1985) verboten war. Nach dem zweiwöchigen Generalstreik als Reaktion auf den Militärputsch am 27. Juni 1973 "verschwanden" 17 Angehörige der CNT-Führung. Im Mai 1984 formierte sich die PIT-CNT als neue Gewerkschaftszentrale Uruguays.