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Massive Vertreibungen in Valle del Cauca in Kolumbien

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Flüchtlingskinder in Buenaventura
Flüchtlingskinder in Buenaventura

Bogotá. Zahlreiche Familien sind in den vergangenen zwei Wochen von den paramilitärischen Banden "La Empresa" und "Los Urabeños" aus dem Verwaltungsbezirk Valle del Cauca im Westen Kolumbiens vertrieben worden. Laut dem jüngsten Bericht des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) befinden sich derzeit in der Hafenstadt Buenaventura 2.791 Menschen. Sie seien wegen der zugespitzen Situation gezwungen gewesen, ihre Häuser zu verlassen.

Als Hintergrund der Geschehnisse werden meist Zusammenstöße zwischen rivalisierenden Drogenbanden genannt, in deren Kreuzfeuer die Bewohner geraten seien. Ein Gemeindeführer aus dem betroffenen Gebiet, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, gab gegenüber der kolumbianischen Zeitschrift "Semana" jedoch eine Zwangsräumung durch kriminelle Gruppen als wahren Grund für die Massenflucht an. Die Banden wollten sich das Land für wirtschaftliche Großprojekte aneignen und es gehe um die Kontrolle des Territoriums. Die Vertriebenen seien Afro-Kolumbianer, die in der Regel keine Eigentumstitel für ihr Land haben. "Dann tauchen wie aus dem Nichts Besitzer auf, die sich Landtitel vom Bürgermeisteramt besorgt haben – und sie kommen in Begleitung von Polizei oder gar paramilitärischen Truppen in das betreffende Gebiet, um die Grundstücke zu übernehmen", sagte der Mann. Dieser Druck seitens bewaffneter Gruppen sei die Ursache, dass Hunderte Familien ihre Häuser verlassen und Zuflucht an einem sicheren Ort suchen.

Gegenüber "Semana" berichtete die Leiterin des UNHCR-Büros in Buenaventura, Andrea Ingham, die Situation verschärfe sich zunehmend, da die Gemeindeveraltung keine Unterkunftsmöglichkeit für die rund 900 vertriebenen Familien geschaffen habe. Sie lebten nun in den Armenvierteln von Buenaventura bei anderen Familien, "die selbst Tag für Tag kämpfen, um sich ernähren zu können", sagte Ingham. Dies habe bereits zu Zusammenstößen zwischen Anwohnern und Flüchtlingen geführt. Die Tatsache, dass die Vertriebenen in der ganzen Stadt verstreut sind, erschwere darüber hinaus die Arbeit von Hilfsorganisationen. Das Büro des Bürgerbeauftragten, der Generalstaatsanwalt sowie das Verfassungsgerichts seien wiederholt aufgefordert worden, sich einzuschalten und Abhilfe zu schaffen, bisher sei jedoch keine Lösung in Sicht.

Die Offensive der Paramilitärs hat auch schon Menschenleben gefordert. Am 9. November war der Nestlé-Arbeiter und Gewerkschafter Oscar López Triviño in Bugalagrande im Gebiet Valle del Cauca erschossen worden. Vorausgegangen waren Morddrohungen der paramilitärischen Organisation "Los Urabeños", die auch an den aktuellen Vertreibungen beteiligt war.