Brasilien / Soziales

"Apartheid" in Einkaufszentren in São Paulo?

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Jugendliche bei einem Rolezinho
Jugendliche bei einem Rolezinho

São Paulo. Im Einkaufszentrum Metrô Itaquera im Osten São Paulos hat es erneut Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Sicherheitskräften gegeben. Die Jugendlichen hatten sich dort zu einem sogenannten Rolezinho eingefunden. Trotz eines Verbots der Veranstaltung folgten laut Medienberichten über 3.000 Jugendliche der über soziale Netzwerke verbreiteten Einladung. Die Polizei ging mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Teilnehmer vor und nahm drei Personen vorübergehend fest.

Als "Rolezinhos" werden über Facebook verabredete Treffen bezeichnet, die seit Anfang Dezember in Einkaufszentren in São Paulo stattfinden. Vor allem junge Bewohner aus den Stadtteilen der sozial benachteiligten Peripherie nehmen daran teil. Die Treffen wurden zunächst von Musikern als Reaktion auf die Verabschiedung eines Gesetzes organisiert, das die Durchführung von öffentlichen Funk-Parties auf den Straßen der Millionenstadt verbot. Das Gesetz wurde inzwischen durch Bürgermeister Fernando Haddad wieder zurückgenommen.

Polizei und konservative Medien bezeichnen die Rolezinhos als "Treffen von Banditen und Chaoten". Bereits sechs Einkaufszentren haben eine richterliche Genehmigung erhalten, ihre Türen durch Polizisten und private Sicherheitsdienste kontrollieren zu lassen. Diese können von nun an entscheiden, wer die Einkaufszentren betreten darf. Kritiker sehen darin eine Exklusion und Stigmatisierung von sozial benachteiligten Jugendlichen. Zudem zeige sich in den Vorkehrungen ihr rassistischer Gehalt, da vom Ausschluss aus den Einkaufszentren vor allem schwarze Jugendliche betroffen seien. Blogger und Aktivisten sprechen von einer "brasilianischen Apartheid".

Unterdessen hat sich Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff in den Konflikt eingeschaltet. Am vergangenen Donnerstag berief sie ein Treffen ein, an dem unter anderem die Minister für Kultur und Justiz teilnahmen. Dabei wies die Präsidentin den Einsatz repressiver Maßnahmen gegen die Jugendlichen zurück. Zugleich ordnete sie verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an. Bürgermeister Haddad rief die Jugendlichen zum Dialog auf.

Aus Solidarität mit den Betroffenen in São Paulo kommt es seit Ende vergangener Woche auch in Einkaufszentren in Rio de Janeiro und Brasília zu Rolezinhos und Protesten.