Venezuela / Politik

Venezuela: Oppositionsführer stellt sich Justiz

Leopoldo López von der Rechtspartei Voluntad Popular wurde festgenommen. Weitere Demonstrationen gegen die Regierung in mehreren Städten

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Leopoldo López wird festgenommen
Leopoldo López wird festgenommen

Caracas. Der venezolanische Oppositionsführer Leopoldo López hat sich gestern den Strafverfolgungsbehörden des Landes gestellt. Gegen den Vorsitzenden der Partei Voluntad Popular (VP), die als rechtsextremer Flügel der venezolanischen Opposition bekannt ist, bestand seit mehreren Tagen ein Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft. López wird vorgeworfen, die gewaltsamen Proteste in Caracas vom vergangenen Mittwoch angestiftet zu haben. Dabei wurden drei Menschen erschossen. Die Ausschreitungen führten auch zu massiven Sachbeschädigungen.

López führte am Dienstagmorgen eine Demonstration von Oppositionsanhängern im wohlhabenden Stadtteil Chacaíto an, bevor er sich an der Spitze eines Protestzuges zu einem Posten der Bolivarischen Nationalgarde (GNB) begab. Zuvor sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung, er stelle sich einer "ungerechten Justiz, die nicht auf Grundlage der Verfassung und der Gesetze richtet". Bei der Demonstration wurde er auch von Politikern des Oppositionsbündnisses "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) begleitet, unter anderen vom ehemaligen Präsidentschaftskandiaten Henrique Capriles. Dieser hatte am Montag zur Gewaltlosigkeit aufgerufen und den Versuch, die Regierung über Proteste auf den Straßen zu beseitigen, als "großen Fehler" bezeichnet.

Parallel fand im Zentrum von Caracas eine Großdemonstration von Arbeitern der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA und Aktivisten der bolivarischen Bewegung statt, die zum Präsidentenpalast Miraflores zogen, um ihre Unterstützung für die Regierung auszudrücken. Anlass war die Unterzeichnung des neuenTarifvertrages der PDVSA-Belegschaft durch Präsident Nicolás Maduro.

In seiner Ansprache äußerte Maduro sich auch zur Verhaftung von López. Es gebe in Venezuela "vollständige Freiheit, um Politik zu betreiben." Es sei kaum zwei Monate her, dass das venezolanische Volk in demokratischen Wahlen die Politik der Regierung bestätigt habe, sagte er mit Blick auf die Kommunalwahlen vom vergangenen Dezember, wo das Regierungslager rund 70 Prozent der Gemeinden gewonnen hatte. Wenn aber einige Gruppen zum Sturz der gewählten Regierung aufriefen, müsse der Staat reagieren. López habe sich nun "vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten und den Gesetzen dieser Republik" zu verantworten, so der Präsident.

Maduro betonte außerdem, seine Regierung habe trotz Mobilisierungen beider politischer Lager den Frieden in Caracas gewährleistet. Der Staatschef rief die Bevölkerung erneut zu gegenseitiger Toleranz auf. Auch gegenüber den gewählten Gouverneuren und Bürgermeistern der Opposition erneuerte Maduro sein Angebot, "gemeinsam für das Land zu arbeiten".

Am Mittwoch kam es auch in anderen großen Städten Venezuelas – wie Maracaibo, Valencia, Barquisimeto, San Cristóbal und Puerto Ordaz – zu weiteren Demonstrationen gegen die Regierung. Auch von Straßenblockaden und gewaltsamen Übergriffen wird berichtet. So wurden in Valencia Protestierende von Unbekannten beschossen und acht Menschen zum Teil schwer verletzt. Der örtliche Sitz der Regierungspartei PSUV wurde angegriffen. Dabei erlitt ein PSUV-Mitglied eine Schussverletzung.

Die Anhörung von Leopoldo López wird nach Angaben der zuständigen Richterin Racleny Tovar am heutigen Mittwoch stattfinden. Nach der venezolanischen Strafprozessordnung hat das Gericht 48 Stunden Zeit zu entscheiden, in welchen Punkten Anklage erhoben wird und ob López in Untersuchungshaft verbleibt oder auf freien Fuß gesetzt wird.


Nachtrag: am Mittwoch, 19. Februar erlag eine junge Frau der Schussverletzung, die sie am Tag zuvor im Verlauf einer Demonstration in Valencia erlitten hatte.