Gerichtsverfahren in der Schweiz gegen Ex-Polizeichef von Guatemala

Genf. In der Schweiz hat der Prozess gegen den ehemaligen Polizeichef Guatemalas, Erwin Sperisen, begonnen. Der Ex-Funktionär der Regierung von Präsident Óscar Berger Perdomo ist wegen Mordes in zehn Fällen angeklagt. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm laut dem Schweizerischen Strafgesetzbuch mindestens zehn Jahre Haft.

Da Sperisen sowohl die guatemaltekische als auch die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt, findet die Gerichtsverhandlung in der Schweiz statt. Sperisen war vor rund zwei Jahren in Genf verhaftet worden, wo er seit 2007 mit seiner Familie lebt. Auslöser dafür war unter anderem ein Bericht des UN-Sondergesandten für außergerichtliche Hinrichtungen, Philip Alston, der die guatemaltekische Polizei für die "Eliminierung sozial unerwünschter Individuen" verantwortlich machte. Bemühungen Guatemalas um eine Auslieferung des mit einem internationalen Haftbefehl gesuchten ehemaligen Polizeichefs blieben erfolglos, da die Schweiz keine Staatsbürger an andere Länder ausliefert.

Konkret geht es in dem nun eröffneten Verfahren um die extralegale Hinrichtung von zehn Häftlingen, für die Sperisen als oberster Chef der Nationalen Zivilpolizei (PNC) verantwortlich sein soll. So waren am 25. September 2006 sieben Insassen der Strafanstalt Pavón ermordet worden. Sperisen wird vorgeworfen, die Tötung befohlen, daran teilgenommen und anschließend ein Gefecht zwischen Sicherheitskräften und den Häftlingen vorgetäuscht zu haben, um die Hinrichtungen zu vertuschen. Im zweiten Fall geht es um die außergerichtliche Tötung von drei flüchtigen Häftlingen in der Stadt Escuintla im Oktober 2005.

Das Verfahren gegen Sperisen ist nicht das erste seiner Art, das in Europa stattfindet. Der stellvertretende Polizeichef während Sperisens Amtszeit, Javier Figueroa, war während derselben Straftaten in Österreich vor Gericht gestellt und freigesprochen worden. Ein ehemaliger Minister der Berger-Regierung wird sich demnächst in Spanien wegen der Hinrichtungen vor Gericht verantworten müssen.