Nationaler Kampftag für Arbeitsrechte in Brasilien

Proteste richten sich gegen beabsichtigtes Gesetz über Personalverleiher. Weitere Prekarisierung der Arbeitswelt befürchtet

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Nein zur Vorlage 4330: Demonstranten bei einem Protest in der Hauptstadt Brasília (2013)
Nein zur Vorlage 4330: Demonstranten bei einem Protest in der Hauptstadt Brasília (2013)

Brasília. Mit landesweiten Demonstrationen und Kundgebungen wurde in Brasilien an diesem Dienstag gegen eine Verabschiedung der Gesetzesvorlage 4330/04 durch den Kongress über das Outsourcing von Produktion und Dienstleistungen an Drittfirmen im öffentlichen und privaten Sektor protestiert. Aufgerufen hatten die Gewerkschaftszentralen CUT und CTB, die Landlosenbewegung MST und weitere städtische und ländliche soziale Bewegungen. Die größten Veranstaltungen mit Zehntausenden Teilnehmern fanden in der größten Metropole des südamerikanischen Landes São Paulo statt. Am selben Tag nahm in der Hauptstadt Brasília das Parlament seine Beratungen über das Gesetz auf.

Das Projekt, welches bereits seit elf Jahren die Instanzen der Gesetzgebung durchläuft, sieht eine allgemeine Freigabe der Möglichkeiten für Firmen zum Outsourcing und zur Nutzung von Personalverleihern vor. Aus Sicht der Unternehmer stellt es eine Modernisierung der Arbeitswelt dar, schafft Rechtssicherheit und schafft neue Nachfrage und Arbeitsplätze. Ihre Verbände verweisen insbesondere auf die Chancen zu mehr internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Mit den neuen Regeln wäre es dann auch legal möglich, sogar das Kerngeschäft einer Firma an Subunternehmer auszugliedern.

Die Gewerkschaften befürchten hingegen eine immense Ausweitung von prekärer Beschäftigung. Nach einer Erhebung des Dachverbands CUT, erhalten Beschäftigte, die als Leiharbeiter angestellt sind, für dieselbe Arbeit durchschnittlich 27 Prozent weniger Lohn als Arbeiter mit direkten Verträgen. Ihre wöchentliche Arbeitszeit ist sieben Prozent länger und sie behalten einen Job in der Regel für eine deutliche kürzere Zeit als fest Beschäftigte. Eine weitere Studie ermittelte, dass es sich bei 36 von 40 Fällen, in denen im großen Stil sklavenartige Arbeitsbedingungen festgestellt wurden, um Leiharbeitsfirmen handelte.

Neben den Manifestationen auf der Straße fanden im Rahmen des "Kampftages zur Verteidigung der Arbeitenden" an zahlreichen Orten Aktivitäten in Wohnvierteln, vor Werkstoren und in Schulen statt. Neben dem Protest gegen das Gesetzesvorhaben ging es dabei auch um die Verteidigung der Demokratie gegen Angriffe von rechts und durch die großen Medien, für den Erhalt des öffentlichen Gesundheitswesens, den Kampf gegen die Korruption und für eine Politikreform, wie sie auch die sozialdemokratisch orientierte Arbeiterpartei (PT) von Präsidentin Dilma Rousseff vertritt. Im Kongress ist die PT weit von einer eigenen Mehrheit entfernt und auf Allianzen auch mit konservativen Kräften angewiesen.

Bei einer Annahme des Gesetzes in der Kammer ist noch die Zustimmung des Senats und seine Prüfung in den Kommissionen des Oberhauses erforderlich. Bei Änderungen wird es erneut an das Parlament verwiesen. Zuletzt bedarf es einer Billigung der Präsidentin.