Nicaragua beschließt Nutzung russischer Satelliten

Regierung sieht Anwendungsmöglichkeiten bei Transport und Landwirtschaft sowie im Fall von Naturkatastrophen. Vertrag auch Antwort auf US-Spionage

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Logo des russischen Satellitennavigationssystems Glonass
Logo des russischen Satellitennavigationssystems Glonass

Managua. Die Regierungen von Nicaragua und Russland haben ein Abkommen über die Nutzung des russischen Satellitennavigationsnetzes Glonass geschlossen. Nicaragua wolle, dass sicherheitsrelevante Nachrichten nicht über das staatliche Telekommunikationsinstitut (Telcor) oder kommerzielle Provider versendet werden müssen, hieß es aus Managua.

Die Nutzung der russischen Satelliten sei auch eine Konsequenz der US-amerikanischen Spionageskandale etwa in Brasilien, sagte ein Experte, der namentlich nicht genannt werde wollte, gegenüber der nicaraguanischen Tageszeitung "La Prensa". Zwar könne Nicaragua bereits auf ein modernes Satellitensystem zählen. Dieses System werde jedoch von den USA kontrolliert.

Die Verhandlungen über die Installation von Glonass-Bodenstationen wurden bereits seit dem Jahr 2013 geführt. Der Vertrag wurde dann drei Monate nach der Zustimmung durch Nicaraguas Parlament geschlossen.

Nach Angaben des Direktors von Telcor, Orlando Castillo, gewinnt Nicaragua dadurch Zugang zu Informationen von 24 russischen Satelliten, wodurch man besser mit Naturphänomenen wie Hurrikans, Tsunamis und Dürreperioden umgehen könne.

Aus Sicht des liberalen Oppositionspolitikers Carlos Langrand ist Russland der große Gewinner des Vertrags, da es Nicaragua "für seine geopolitischen Interessen nutzt". Ziele wie der Umweltschutz seien nur vorgeschoben, argumentierte er mit Hinweis auf die fortschreitenden Abholzungen im Naturschutzgebiet Bosawás sowie auf Bergbauprojekte und nicht zuletzt auf den geplanten interozeanischen Kanal. Der ebenfalls oppositionelle Abgeordnete Eliseo Núñez, der wie Langrand der Kommission für Telekommunikation angehört, bemängelt, es sei nicht bekannt, welche Gegenleistung Russland für die Unterzeichnung des Vertrags erhalten habe. Dies lasse den Schluss zu, dass sich Nicaragua "der russischen Politik gegen die USA" anschließe.

Dagegen hob der Präsidialsekretär für Öffentliche Politik, Paul Oquist, bei einem Treffen mit Bürgermeistern die Vorteile des Abkommens für Nicaragua hervor. Das mittelamerikanische Land erhalte stündlich Bilder des Territoriums, die in einer Bodenstation ausgewertet werden können. Es gebe sehr gute Anwendungsmöglichkeiten in den Bereichen Transport und Landwirtschaft, in der Landvermessung und im Katasterwesen. Auch würden bessere Schätzungen hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzflächen, Dürreperioden, Überschwemmungen und ihrer Auswirkungen möglich sowie effizientere Reaktionen in Katastrophenfällen. Im Sicherheitsbereich sei die Nutzung des Satellitensystems im Kampf gegen das organisierte Verbrechen nutzbar.

Oquist fügte hinzu, dass die Regierung Anstrengungen für die Beschaffung zweier eigener Satelliten unternehme. Dadurch werde es möglich, das Kommunikationssystem des Landes zu revolutionieren. Die Kosten für Telefon und Internet könnten um 40 Prozent gesenkt und das Fernsehen auf Digitaltechnologie umgestellt werden. Für den Erhalt der digitalen Codes seien bereits Absprachen mit Japan getroffen worden.

Für die Entwicklung der Satelliten wurde die chinesische Firma Gran Muralla mit Verbindungen zu Wang Jing ausgewählt, der auch Präsident des Konsortiums HKND ist, dem die Konzession für den Bau des Nicaraguakanals erteilt wurde.

Wang Jings Firma Xinwei hält Lizenzen für verschiedene Telekommunikationsdienstleistungen in Nicaragua, hierzu gehören Festnetzanschlüsse, Internet und Datentransmission, Pay-TV und Mobilfunk. Auf Basis eines Weltbankkredits hat sich Xinwei dazu verpflichtet, das Mobilfunknetz in der Nordatlantikregion auszubauen. Die Vergabe der Lizenzen an Xinwei war bei Nicaraguas Opposition auf Kritik gestoßen, da der Unternehmer mit engen Verbindungen zu Präsident Daniel Ortega bevorzugt worden sei. Im Jahr 2012 hatte die Firma Telekommunikationslizenzen verbunden mit dem Plan erhalten, 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau des Mobilfunknetzes zu investieren, weitere Lizenzen erhielt der Konzern 2014. Kritisiert wurde diese Vergabe, da das Unternehmen seine Zusagen aus dem Jahr 2012 nicht eingehalten habe. Der Start Xinweis am nicaraguanischen Markt wurde immer wieder verschoben und ist nun für das laufende Jahr geplant.