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US-Botschaften konspirieren gegen Linksregierungen in Lateinamerika

Weitere Wikileaks-Dokumente ausgewertet. Vorwürfe der Regierungen von Bolivien und Ecuador gegen US-Botschafter und USAID waren begründet

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Im April 2009 amtierende linksgerichtete Regierungschefs: Evo Morales, Manuel Zelaya (zwei Monate nach diesem Foto aus dem Amt geputscht), Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa
Im April 2009 amtierende linksgerichtete Regierungschefs: Evo Morales, Manuel Zelaya (zwei Monate nach diesem Foto aus dem Amt geputscht), Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa

Washington. Der US-amerikanische Think-Tank Center for Economic and Policy Research hat die erste ausführliche Studie über verdeckte US-Einflussnahmen gegen die Linksregierungen in Lateinamerika in den vergangenen 15 Jahren vorgestellt. Die Autoren Alexander Main und Dan Beeton haben durch die Enthüllungsplattform Wikileaks lancierte diplomatische Korrespondenz von US-Botschaften analysiert und aufbereitet. Die Dokumente zeigen intensive Aktivitäten gegen Linksregierungen und den "Bolivarismus", die als eine Bedrohung der US-Interessen charakterisiert werden.

Main und Beeton präsentieren Material zu Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Venezuela.

Der US-Botschafter Greenlee warnte Evo Morales einen Tag nach seiner Wahl zum Präsidenten von Bolivien vor der Macht der USA in den internationalen Kreditinstitutionen: "Dies ist keine Erpressung, dies ist einfach die Realität."

Morales gelang es dennoch erfolgreich, die Abhängigkeit von IWF und Weltbank zu mindern. Er konnte seine Agenda für die indigene Bevölkerung, die Reform des Arbeitsrechts, den Aufbau einer Gesundheitsversorgung und die Renationalisierung der Wasserkraftenergie sowie die Kooperation mit Venezuela beibehalten.

Die US-Botschaft setzte daraufhin auf die Förderung der rechten Opposition und separatistischer Bestrebungen in den östlichen, traditionell wohlhabenden Provinzen Boliviens. In einer diplomatischen Note vom September 2008 ist die Kenntnis des US-Botschafters von Staatsstreichvorbereitungen und Mordplänen gegen Evo Morales belegt. Ohne US-Stellen als Urheber dieser Aktivitäten zu bezeichnen, heben die Autoren jedoch hervor, dass das Ausbleiben einer Warnung an die demokratisch gewählte Regierung für sich spreche.

Die untersuchten Dokumente zeigen die materielle und strategische Unterstützung rechter Oppositionskreise, auch antidemokratischer und gewaltorientierter Gruppen, durch US-Botschaften in linksregierten Ländern. Dies wird bevorzugt über die Behörde des US-Außenministeriums für internationale Entwicklung (USAID) und verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGOs) realisiert, um dem Vorwurf der unzulässigen Einmischung zu entgehen.

So organisierte die US-Botschaft in Nicaragua nach der Rückkehr der Sandinisten an die Regierung ein Treffen mit der Rechtspartei Liberale Allianz Nicaraguas (ALN), um Alternativen für eine direkte US-Finanzierung vorzuschlagen. Die ALN solle sich stärker mit solchen NGOs koordinieren, die US-Mittel erhielten, hieß es bei dem Treffen im Jahr 2007. Die Botschaft arrangierte die Kontakte zu den NGOs International Republican Institute und National Democratic Institute for International Affairs.

Im Jahr 2006, bereits zwei Monate vor der Wahl in Ecuador, schlug die US-Botschaft in Quito Alarm, dass Präsidentschaftskandidat Rafael Correa vorhabe, sich der "Chávez-Morales-Kirchner-Gruppe" anzuschließen.

Gegen die Regierung Venezuelas gerichtet, taucht neben der vom US-Kongress finanzierten National Endowment for Democracy (NED) wiederum USAID als strategischer Akteur auf. Dokumente von 2004 und 2006 belegen indes, wie die US-Botschaft an USAID Leitlinien ausgab, die neben "internationaler Isolierung von Hugo Chávez" auch die "Infiltration und Spaltung der chavistischen Basis" enthielten. 2007 trafen sich die Botschafter der US-Vertretungen in sechs lateinamerikanischen Ländern in Brasilien, um ihre Bemühungen gegen den "aggressiven Plan" des damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu bündeln, eine "einige bolivarische Bewegung in Lateinamerika" zu schaffen.

Vor dem Hintergrund der langen Geschichte von Militärputschen, in denen US-Botschaften verwickelt waren, heben die Autoren der Studie den bisher erfolgreichen Widerstand der demokratisch gewählten Regierungen hervor. Bedeutsam seien in diesem Zusammenhang gemeinsame Erklärungen linker wie auch rechter lateinamerikanischer Staatschefs gewesen, in denen diese alle Versuche verurteilten, auf verfassungswidrige Weise einen Regierungswechsel zu erreichen.