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Migrationspolitik in Mexiko in der Kritik

Seit Jahren massenhaft Abschiebungen undokumentierter Migranten aus Mittelamerika. Amnesty International: "Mexiko erledigt für die USA die Drecksarbeit"

Mexiko-Stadt. Rund um die Diskussionen zum angekündigten Mauerbau zwischen den USA und Mexiko ist das Thema Migration und Mexikos umstrittene Rolle dabei wieder in den Fokus der Berichterstattung gerückt. Abgesehen von der Debatte, wer die Kosten des Megaprojektes trägt, fordert die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto von den USA, die Rechte mexikanischer Einwanderer bei ihrer Deportation zu beachten. In Mexiko werden indes jedes Jahr hunderttausende zentralamerikanische Migranten deportiert, allein im Jahr 2015 waren es fast 200.000. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass deren Rechte dabei zweitrangig sind und missachtet werden.

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben oder verschwanden im Jahr 2016 mindestens 578 "undokumentierte" zentralamerikanische Migranten im südlichen Grenzgebiet Mexikos auf dem Weg in die USA. Und viele mehr werden misshandelt, bedroht und ohne Wahrung ihrer Menschenrechte abgeschoben, so der Aktivist und Priester Alejandro Solalinde.

Die staatliche mexikanische Menschenrechtskomission selbst musste die Misshandlung von Einwanderern in Mexiko einräumen und gab erst im Januar 2017 eine Empfehlung an das Nationale Institut für Migration (INM) heraus "wegen der Verletzung des Menschenrechts auf würdige Behandlung der Menschen im Zusammenhang mit der internationalen Migration“.

Am 7. Juli 2014 trat das sogenannte Programm für die Südgrenze (Programa Integral Frontera Sur), ein Abkommen zwischen Mexiko, Guatemala und den USA, in Kraft. Nach Angaben der Regierung Peña Nieto soll es dazu dienen, "die Rechte der Migranten in Mexiko zu schützen und ihnen bürokratische Hilfestellungen zu ermöglichen". Kritiker sehen das Programm hingegen als "eine frühzeitige Unterbindung von Migrationsbewegungen durch Militarisierung und Anstieg von Gewaltanwendung".

Nach Inkrafttreten des Abkommens begann das mexikanische Eisenbahnunternehmen Ferrocarril del Sureste (Ferrosur) umgehend damit, sein Schienennetz mit einer 1,5 Meter hohen Mauer zu schützen. Dadurch sollte den Migranten der Zugang zu einem Güterzug, der tausende von Kilometern durch Mexiko fährt und immer wieder als Transportmittel benutzt wird, um bis zur Grenze der USA zu gelangen, erschwert werden. Die Mauer wurde zunächst im Bezirk Tierra Blanca im südmexikanischen Bundesstaat Veracruz gebaut. Zudem wurde die Geschwindigkeit des Zuges heraufgesetzt und die Polizei- und Militärpräsenz rund um die Strecke massiv erhöht.

Diese und andere Maßnahmen, die mit dem Programm für die Südgrenze eingeführt wurden, zeigen Wirkung. Nach Angaben des Nationalen Institutes für Migration (INM) ist der Anteil von Deportationen von mexikanischem Staatsgebiet nach Guatemala, Honduras und El Salvador zwischen den Jahren 2000 und 2015 um insgesamt 26,14 Prozent gestiegen. 60 Prozent der Migranten werden in den südlichen Bundesstaaten Chiapas und Veracruz verhaftet und dann abgeschoben.

Das Washington Office on Latin America (WOLA) hat bereits im Jahr 2014 den Bericht "Mexikos andere Grenze" veröffentlicht. Darin findet sich die Schlussfolgerung, dass die Situation der Migranten aus Zentralamerika in Mexiko eine humanitäre Katastrophe darstellt. Eine "unglaubliche Häufung von Entführungen, Erpressungen, Menschenhandel, Vergewaltigungen und Morden" kennzeichne die Situation der zentralamerikanischen Migranten in Mexiko.

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) weist in ihrem Jahresbericht 2016 nicht nur auf die deportierten Migranten hin, sondern auch auf Mexikos Rolle in der Migrationspolitik der USA: "Mexiko erledigt für die USA die Drecksarbeit und erweist sich dabei als zuverlässiger Partner", erklärte die Direktorin von AI für die Amerikas, Erika Guevara-Rosas. Nach Angaben des INM deportierten mexikanische Behörden im vergangenen Jahr 187.259 Personen, 97 Prozent von ihnen nach Zentralamerika.

Die Frage um die Bezahlung der Mauer schätzt Guevara- Rosas als nicht zielführend ein. "Fakt ist, dass sich sowohl mit dem, was an der Südgrenze Mexikos passiert, als auch mit dem geplanten Mauerbau im Norden, offene Türen für wirklich schutzbedürftige Menschen auf der Suche nach Asyl schließen." Dass sich derzeit viele Augen auf den Norden Mexikos richten, nutzt Ferrosur dazu, um beinahe unbeachtet die bereits vorhandenen Mauern um die Eisenbahnschienen im Süden auf weitere Teile des Schienennetzes auszubauen. Nach Unternehmensangaben sollen diese "doppelt so hoch werden, um effektiver die Mitfahrt von Migranten auf den Zügen zu vermeiden."

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