Hunderttausende protestieren gegen Renten- und Arbeitsreform in Brasilien

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In São Paulo versammelten sich rund 200.000 Menschen auf der Avenida Paulista, um gegen die Reformen zu protestieren
In São Paulo versammelten sich rund 200.000 Menschen auf der Avenida Paulista, um gegen die Reformen zu protestieren

Brasília u.a. In mindestens 23 brasilianischen Großstädten haben am Mittwoch Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die von der Regierung unter De-facto-Präsident Michel Temer geplante Flexibilisierung des Arbeitsrechts und die Rentenreform demonstriert. Verschiedene Gewerkschaftsverbände hatten für diesen Tag zur Niederlegung der Arbeit aufgerufen. In Brasília besetzten Aktivisten der Landlosenbewegung MST über mehrere Stunden das Finanzministerium.

Allein in São Paulo versammelten sich rund 200.000 Menschen auf der Avenida Paulista. Zahlreiche Gewerkschaften wie CUT, CTB, Intersindical und Apeoesp sowie soziale Bewegungen hatten die Großdemonstration organisiert und zum Streik aufgerufen. Der nationale Koordinator der Wohnungslosenbewegung, Guilherme Boulos, feierte den Akt als "historischen Moment, in dem Brasilien still steht".

Am Abend erschien auch Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. In seiner Ansprache sagte er: "Es wird immer deutlicher, dass der Putsch sich nicht nur gegen Dilma und die linken Parteien richtete, sondern dazu dient, die Errungenschaften der Arbeiterklasse der letzten Jahre mit der Arbeits- und Rentenreform zunichte zu machen."

Die Regierung Temer will das Rentenalter auf 65 Jahre erhöhen. Bisher liegt es bei 55 für Frauen und 60 für Männer. Die minimale Beitragszeit soll von 15 auf 25 Jahre erhöht werden und eine Rentenzahlung des vollen Gehalts nur möglich sein, wenn man 49 Jahre eingezahlt hat. Aus diesem Grund wird die Reform von sozialen Bewegungen die "Reform des Sarges" genannt, da sie nahelegt, dass man künftig bis zum Tod arbeiten muss.

Verschiedene Berufsgruppen schlossen sich dem landesweiten Streik und den Demonstrationen an. In São Paulo hatte die Gewerkschaft der Metro sich trotz Verbot zu einem 24-stündigen Stillstand entschlossen. Auch Busfahrer beteiligten sich. Die Metropole verzeichnete mit etwa 200 Kilometern Stau einen Rekord im städtischen Verkehr. Schulen blieben am Mittwoch geschlossen, die Lehrer nahmen an der Kundgebung auf der Avenida Paulista teil und kündigten an, ab Ende des Monats in einen Streik zu treten.

Auch in anderen brasilianischen Bundesstaaten kam es zu Stillständen und Protesten. In Brasília und Belo Horizonte kamen mindestens je 10.000 Menschen zusammen, um ihre Ablehnung der Reformen auszudrücken. In Salvador waren es etwa 50.000, in Rio de Janeiro 100.000.

Der Präsident des Gewerkschaftsverbandes CUT, Vagner Freitas, hob in seiner Rede in São Paulo hervor, dass dies nur die erste große Mobilisierung gegen die Rentenreform sei und versprach, dass Temer "mit dem größten Generalstreik, den Brasilien je gesehen hat" konfrontiert werde, wenn er das Projekt nicht zurückzieht.

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