Kolumbien / Politik

Wahlkampf in Kolumbien: Eine Million bei Petros Auftritten

Viel Zuspruch für Linkskandidat bei landesweiten Kundgebungen. Gustavo Petro warnt vor Wahlbetrug und "grausamerer Gewalt" nach einem Sieg der Rechten

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Bei keiner anderen Wahlveranstaltung war ein Platz so voll wie bei Colombia Humana mit ihrem Kandidaten Gustavo Petro in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá
Bei keiner anderen Wahlveranstaltung war ein Platz so voll wie bei Colombia Humana mit ihrem Kandidaten Gustavo Petro in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá

Bogotá. Rund 60.000 Menschen haben sich am vergangenen Donnerstag auf dem Hauptplatz Bogotás versammelt, um sich die Wahlrede des linken Präsidentschaftskandidaten und Ex-Bürgermeisters der Hauptstadt, Gustavo Petro, anzuhören. Die große Versammlung, die sich bis in die umgebenden Straßen ausbreitete, soll den Fußgängerverkehr in der Innenstadt Bogotás für mehrere Stunden zum kollabieren gebracht haben.

Am Wochenende hielt Petro in Cali und Barranquilla die letzten Reden seiner Wahlkampagne. Der 58-Jährige ist seit März zweiter bei den Präsidentschaftsumfragen. Angeführt werden sie vom ultrarechten Iván Duque, dem Kandidaten der von Ex-Präsident Álvaro Uribe gegründeten Partei Centro Democrático (CD).

Eine sehr bunte Mischung aus Indigenen, Gemeinden aus dem Hinterland, Studenten, Einwohnern der Elendsviertel und sehr vielen Jugendlichen bildete die breite Zuhörerschaft in Bogotá. Die feierliche Stimmung haben Hip Hop und Ska-Bands sowie Folkorekünstler, darunter die international bekannten Totó la Momposina, angeheizt. Petro sprach mehr als zwei Stunden über das Projekt der Bewegung Menschliches Kolumbien (Colombia Humana), deren Hauptziel "Frieden mit sozialer Gerechtigkeit" sei.

Eine staatliche Stärkung des Sozialsystems und die Vertreibung des Finanzkapitals aus dem Gesundheits- und Rentensystem sind Teil der Reformen, über die der Linkskandidat gesprochen hat. Ebenso ging es um die Gewährleistung einer kostenlosen Hochschulbildung für alle. Petro betonte zudem die Notwendigkeit, einen unabhängigen Justizapparat zu schaffen. Derzeit hängt dieser ökonomisch und bei der Ernennung hoher Funktionäre von der Regierung und dem Kongress ab. Der Ausstieg aus der Rohstoffwirtschaft, der Aufbau der Agrarindustrie in den Händen von Kleinbauern und die Produktion von Solarenergie sowie die Schaffung eines staatlichen Bankwesens waren weitere Themen seiner Rede.

Der 58-Jährige warnte vor einer "viel grausameren Gewalt" als die, die das Land bisher gekannt habe, falls die rechten Parteien siegreich aus den Wahlen hervorgingen. Er sprach von lokalen "bewaffneten Heerscharen", die unter der Macht von mexikanischen Drogenkartellen stehen. Sie kontrollierten militärisch die Pazifikregion, das westliche Urabá, aber auch teilweise Städte wie Medellín und breiteten sich weiter aus. Die Gewalt würde schlimmer, sollte eine Partei an die Macht kommen, die das unterschriebene Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla "zerfetzen" will, so Petro. Duque und die CD haben sich längst zum Feind des Friedensvertrags erklärt.

Ebenso warnte der linke Kandidat vor der Betrugsgefahr am Tag der Präsidentschaftswahl und rief dazu auf, sich als Wahlzeuge zu melden. Hinweis auf einen möglichen Wahlbetrug sei, dass die Wahlbehörde keine Überprüfung der Wahl-Software zulässt. Verdächtig sei ebenso, dass die Wahlbehörde die Non-Profit-Organisation Ifes zu spät als Beobachter eingeladen hat. Die Firma musste wegen unzureichender Zeit für die Vorbereitung ihrer Arbeit absagen. Misstrauen erwecke ebenfalls, dass tausende Vertreter von fiktiven Firmen als Wahlhelfer designiert wurden. Darüber hinaus soll Präsident Juan Manuel Santos die Unterstützung einer technischen Kommission der Europäischen Union zur Wahlbeobachtung abgelehnt haben, beklagte Petro.

Insgesamt habe er in den vergangenen Monaten vor ungefähr einer Million Menschen auf 80 Hauptplätzen von Groß- und Kleinstädten landesweit das Wahlprogramm vorgestellt, berichtete Petro. Niemand wurde für seine Teilnahme an den Kundgebungen bezahlt, betonte der Politiker der progressiven Bewegung. Tatsächlich berichten auch Medien, die ihm gegenüber kritisch sind, dass die Besucher der Veranstaltungen keine materiellen Gegenleistungen für ihre Teilnahme bekommen haben.

Die Präsidentschaftswahlen finden am 27. Mai statt. Man geht davon aus, dass es einen zweiten Wahlrundgang am 17. Juni geben wird.

Die Guerilla Nationale Befreiungsarmee, ELN, hat inzwischen einen einseitigen Waffenstillstand angekündigt, der vom 25. bis zum 29. Mai andauert. So wollen die Rebellen "günstige Bedingungen schaffen, damit die kolumbianische Gesellschaft sich bei den Wahlen ausdrücken kann", hieß es in einem Kommuniqué.