Chile / Menschenrechte

Nonnen in Chile: "Wir wurden wie Sklavinnen behandelt"

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Nonnen der Congregación Hermanas del Buen Samaritano in Molina, Chile, prangern sexuellen Missbrauch an
Nonnen der Congregación Hermanas del Buen Samaritano in Molina, Chile, prangern sexuellen Missbrauch an

Santiago. Gegenwärtig wird in Chile gegen mehr als 140 Mitglieder der katholischen Kirche wegen Sexualvergehen und ihrer Vertuschung ermittelt. Dazu kommt nun der Fall von drei Nonnen der Congregación Hermanas del Buen Samaritano in Molina, Bistum Talca, die sexuelle Übergriffe, unmenschliche Arbeitsbedingungen und Machtmissbrauch anprangern.

In einer fast einstündigen Sendung des staatlichen Fernsehkanals TVN schilderten die Nonnen ihre Erlebnisse. Es habe auf verschiedene Weise sexuelle Belästigung gegeben. Sie seien etwa gezwungen worden, sich in den Bädern der Priester unter deren Beobachtung zu duschen und sie erlitten sexuelle Nötigungen durch eine ältere Nonne. 15 Novizinnen verließen daraufhin die Einrichtung. Andere harrten aus und nur wenige beschwerten sich bei der Oberin. Diese habe mit schweren Beleidigungen reagiert und mindestens ein Opfer als "läufige Hündin" bezeichnet. Die Opfer seien wurden gezwungen, "Buße zu tun" und mit monatelangem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst ohne Wochenende bestraft. Das schloss die Bedienung ihrer Peiniger ein. Ihre Post wurde kontrolliert und Telefonate vermutlich abgehört. So konnten sie niemanden außerhalb des Konvents informieren.

Sie wurden auch Zeuginnen von Kommentaren der Kirchenoberen Kardinal Ricardo Ezzati, Erzbischof Ivo Scapola, und des Bischofs von San Bernardo zum "Fall Karadima", in denen sie Missbrauchsopfer, die Aufklärung, Bestrafung und Wiedergutmachung einforderten, beschimpften und fragten, wann diese "endlich aufhören". Fernando Karadima wurde vom Vatikan wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung von Kindern und Jugendlichen verurteilt. Wegen Verjährung wurde er nie von einem ordentlichen Gericht zur Rechenschaft gezogen. Heute lebt er zurückgezogen in einem Konvent. Wegen Verschleierung der Vorgänge wird gegenwärtig gegen Ezzati ermittelt.

Eine der anklagenden Nonnen berichtet von einem Scheck in Höhe von umgerechnet etwa 25.000 Euro, der im Namen ihres Konvents für Karadima ausgestellt wurde. Das war bereits nach seiner Verurteilung und diente dazu, seine "persönlichen Bedürfnisse" abzudecken. Entlassenen Nonnen wurde dagegen jegliche kirchliche Unterstützung versagt. Einige dienten bis zu dreißig Jahre im Konvent und weil sie nie ein Gehalt erhielten oder Rentenbeiträge gezahlt wurden, sind sie auf Unterstützung ihrer Familien angewiesen und nicht wenige sind wohnungslos und leben vom Betteln.

Beschwerdeschreiben an Erzbischof Scapola blieben unbeantwortet. Die zu den Fällen befragte Oberin Patricia Ibarra Gómez verweigert jeden Kommentar und der frühere Bischof von Talca, Horacio Valenzuela, zog es vor, auf Journalistenfragen aus seinem Arbeitsbüro über den Garten das Weite zu suchen. Kürzlich wurde er vom Papst wegen seiner Beteiligung an der Vertuschung der sexuellen Aggressionen Karadimas des Amtes enthoben.

Der neue Interimsbischof von Talca, Galo Fernández versprach indessen rückhaltlose Aufklärung und Bestrafung der Täter, wenn die Beschuldigungen nachgewiesen werden.