Zahl der Toten bei Protesten gegen den Putsch in Bolivien steigt auf 31

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Die Leiterin der Ombusbehörde, Nadia Cruz, beim Gespräch mit Journalisten in Senkanta
Die Leiterin der Ombusbehörde, Nadia Cruz, beim Gespräch mit Journalisten in Senkanta

La Paz. Bei einem Einsatz von Polizei und Militär gegen Putsch-Gegner in Bolivien sind am Dienstag acht Menschen getötet und mehr als 30 verletzt worden. Mehrere Personen wurden zudem als vermisst gemeldet. Die Sicherheitskräfte durchbrachen die Blockade eines Treibstofflagers in Senkanta, El Alto, um einen LKW-Konvoi mit Benzin nach La Paz zu eskortieren.

Damit erhöht sich die Zahl der Toten bei Einsätzen der Sicherheitskräfte seit der Machtübernahme durch die De-facto-Regierung von Senatorin Jeanine Áñez auf 31.

Landesweit gehen täglich immer mehr Menschen gegen den Staatsstreich auf die Straße, die Auseinandersetzungen mit bewaffneten Kräften des Staates nehmen zu. Autobahnen sowie strategisch wichtige Versorgungseinrichtungen werden blockiert.

Die Leiterin der Ombusbehörde, Nadia Cruz, die nach dem Einsatz direkt vor Ort war, um die Identität der Toten zu klären, sagte gegenüber Journalisten, es handle sich bei den Todesfällen um Morde. Die Möglichkeiten des Dialogs mit den sozialen Sektoren, die den Rücktritt von Áñez und ihrem Kabinett, die Rückkehr von Präsident Evo Morales, die Aufhebung des Dekrets 4978 sowie die Freilassung Hunderter festgenommener Demonstranten fordern, würden so zunichte gemacht.

Bei ihrer Pressekonferenz gab Cruz zudem bekannt, dass sie eine Verfassungsbeschwerde gegen das von der De-facto-Regierung erlassene Dekret 4078 eingereicht hat. Konkret geht es um den Artikel 3, in dem es heißt: "Das Personal der Streitkräfte, das an den Operationen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Stabilität teilnimmt, ist von der strafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn es in Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben zur legitimen Verteidigung oder im Notfall handelt." Diese Gewährung von Straffreiheit verstoße gegen die Verfassung, so Cruz.

Das Dekret war in Bolivien und auch international auf scharfe Kritik gestoßen, da es den Weg freimacht für Straflosigkeit der Militärs. Entsprechend geäußert hatten sich etwa die Interamerikanische Menschenrechtskommission und Amnesty International.

Cruz betonte, mit der Klage beim Verfassungsgericht solle gewährleistet werden, dass die Gewalttaten der letzten Tage nicht ungestraft bleiben. Sie forderte zugleich den Rückzug der Streitkräfte von den Straßen, um weitere Tote zu verhindern.

Der von Áñez eingesetzte Verteidigungsminister Luis Fernando López bezeichnete die Protestierenden in Senkanta indes als "Horden von Vandalen". Die Einsatzkräfte hätten "nicht einen einzigen Schuss abgegeben".