Politische Flüchtlinge sind von Neuwahl in Bolivien ausgeschlossen

Gestürzter Präsident und Mitstreiter im Exil dürfen nicht abstimmen. Vertreter der Kokabauern macht De-facto-Regierung schwere Vorwürfe

evo_morales_wahlen_neuwahlen_bolivien_wahlrecht_demokratie.png

Evo Morales, hier bei einem Treffen mit Befreiungstheologen im argentinischen Exil
Evo Morales, hier bei einem Treffen mit Befreiungstheologen im argentinischen Exil

La Paz. Der gestürzte Präsident von Bolivien, Evo Morales, und andere exilierte Mitglieder seiner Regierung können bei den Neuwahlen am 3. Mai weder kandidieren noch abstimmen. Da er und seine Mitstreiter sich im Ausland befinden, wird ihnen jedwede Teilnahme verwehrt, weil sie ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis nicht aktualisieren können. Das Oberste Wahlgericht (TSE) hat entschieden, dass die Einschreibung und Aktualisierung im Wählerverzeichnis "aus Zeitgründen" nur den Wählern in Bolivien zur Verfügung steht und nicht den Bolivianern im Ausland, die ebenso wahlberechtigt sind. Wer bei den Wahlen vergangenes Jahr schon im Ausland abgestimmt hat, wird auch an den kommenden Urnengang teilnehmen können.

Der Präsident des TSE, Salvador Romero, hat am Dienstag dessen ungeachtet saubere Wahlen versprochen: "Die Wahlbehörde wird unabhängig und unparteiisch und technisch zuverlässig sein, um Ausfälle in der Zeit vor dem Wahltag, am Wahltag selbst oder in den folgenden Phasen zu verhindern", sagte er bei der Vorstellung des jährlichen Arbeitsplans seiner Behörde.

Romero informierte, dass drei große Wahlbeobachtungsmissionen geplant sind. Eingeladen sei die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Eine weitere Wahlbeobachtermission werde von amerikanischen Staaten entsendet, so Romero, ohne weitere Informationen über die Mitglieder zu geben. Die dritte Beobachtergruppe erwarte man von der Europäischen Union. Die OAS und die EU hatten den international kritisierten Sturz gutgeheißen bzw. akzeptiert.

Heftige Kritik an den Umständen der Neuwahl kam vom Vizepräsidenten der sechs Kokabauernverbände der Cochabamba-Region, Andrónico Rodríguez. Es gebe keine demokratischen Garantien für die angekündigten Wahlen von Parlament und Staatsspitze, da die De-facto Regierung eine Verleumdungskampagne betreibe, um die Führung seiner Partei, der Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS), zu diskreditieren und von der Wahl auszugrenzen.

Rodríguez fügt an, es gebe "viele Gründe", um die sozialen Mobilisierungen nach dem 22. Januar wieder aufzunehmen. Zugleich stellte er klar, dass dies nicht von ihm entschieden wird. Diese Frage werde Gegenstand von Debatten bei einem für den 11. Januar anberaumten Treffen der Organisationen sein, die die MAS unterstützen. „Die De-facto-Regierung hält sich nicht an Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die unterzeichnet wurden", sagte er gegenüber dem Radiosender der Kokabauern Kausachun Coca. Rodríguez verwies darauf, dass es am Ende der Proteste in Folge des Putsches gegen die Morales-Regierung Zugeständnisse beider Seiten gab. Die Führung unter Senatorin Jeanine Áñez habe sich jedoch nicht an die Vereinbarungen gehalten.

Evo Morales organisiert die Kampagne indes von der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires aus. Dutzende führender Funktionäre der MAS, Gewerkschafter und Vertreter sozialer Bewegungen treffen sich täglich mit ihm, um die politische Strategie für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 3. Mai zu beraten. Dabei geht es auch um die Kandidaturen der MAS, die am 19. Januar bekannt gegeben werden. Drei Tage später, am 22. Januar, will Evo Morales die Kampagne mit einer Massenveranstaltung – der ersten seit seinem Sturz am 10. November letzten Jahres durch einen Staatsstreich – im Spanischen Stadium in Buenos Aires starten. Dazu werden 15.000 Menschen erwartet. An diesem Tag sollen auch die Präsidentschaftskandidaten der MAS verkündet werden.