Warum Mexiko für den morgigen Frauentag wichtig ist

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Protest gegen Frauenmorde in Mexiko: "Frauen in Acapulco werden ermordet und niemand tut etwas"
Protest gegen Frauenmorde in Mexiko: "Frauen in Acapulco werden ermordet und niemand tut etwas"

Mexiko-Stadt. Am morgigen Sonntag, den 8. März, wird in Mexiko-Stadt nicht nur die berühmte Avenida Reforma in lila und grün getaucht sein, den Farben der Frauenbewegung und für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung. Auch in den Bundesstaaten des Landes werden Menschen gegen Diskrimininierung und Gewalt an Frauen auf die Straße gehen.

Im Jahr 2018 wurden nach Angaben des Nationalen Statistikinstituts 3.752 Frauen ermordet. Das entsprach im Durchschnitt zehn Ermordeten pro Tag. Nur der kleinere Teil dieser Fälle wird als Feminizid, also als geschlechtsspezifisches Tötungsdelikt, eingestuft. Entweder, weil die Behörden überlastet oder nicht genügend ausgebildet sind, oder weil die jeweiligen Bundesstaaten ein Interesse daran haben, die offizielle Zahl der Feminizide klein zu halten. Einer gerade erst erschienenen Recherche der Organisation “Mexicanos contra la Corrupción” zufolge wurden zwischen 2012 und 2018 3.056 Feminizide erfasst, aber nur 634 Täter zu Strafen verurteilt. Das entspricht einem Fünftel der Fälle.

Doch die Frauenmorde sind nur die Spitze des Eisbergs. Die überwiegend jungen Frauen, die seit August 2019 immer wieder auf die Straße gehen, haben viele Motive für ihren Protest: Medien, die entwürdigende Bilder der Opfer veröffentlichen; ein Justizsystem, in dem die meisten Delikte straflos bleiben; eine machistische Gesellschaft, in der masturbierende Männer in der U-Bahn oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und in der Universität an der Tagesordnung sind, aber nicht geahndet werden.

Und nicht zuletzt einen Präsidenten, der die Sorgen eines großen Teils der Bevölkerung über Gewalt gegen Frauen nicht anerkennen will. Seit Februar sorgt immer wieder für Debatten, dass Andrés Manuel López Obrador in seinen morgendlichen Pressekonferenzen das Thema lieber kleinredete oder davon ablenkte. Bei direkten Fragen reagierte er eher mit Plattitüden wie “Man muss Frauen respektieren”, als durchgreifende Pläne zu präsentieren.

Den Aufruf von Feministinnen zum Frauenstreik – in Mexiko am Montag, den 9. März – bezeichnete López Obrador als Versuch der politischen Rechten, seiner Regierung zu schaden. Einige Politikerinnen seiner Morena-Partei riefen dazu auf, am 9. März nicht zu streiken. Zudem setzte der Präsident den ersten Teil der von ihm verfügten Versteigerung des Präsidentenflugzeugs genau für diesen Tag an.

Doch mit diesen Versuchen scheint López Obrador sich einen Bärendienst erwiesen zu haben. Im Monat Februar sank seine Zustimmung in der mexikanischen Bevölkerung um acht Prozentpunkte, auf 63 Prozent. Dem Streikaufruf schlossen sich hingegen immer mehr Frauen an. Inzwischen haben Hunderte Unternehmen und selbst staatliche Stellen bekannt gegeben, dass ihre Mitarbeiterinnen keinen Lohnabzug zu befürchten haben, wenn sie die Arbeit ruhen lassen. Und die Flugzeugversteigerung wurde nach Protesten hastig auf den 10. März verlegt. Regierungssprecher Jesús Ramírez Cuevas verkündete auf Twitter: “Die Regierung respektiert die Forderungen der Frauen und arbeitet wie nie zuvor daran, ihre Rechte durchzusetzen.”