Kuba / Wirtschaft

Kubas Staatssektor wird dezentralisiert

kuba_staatsbetrieb.jpg

Die Staatsbetriebe Kubas bekommen mehr Autonomie
Die Staatsbetriebe Kubas bekommen mehr Autonomie

Havanna. Kubas Wirtschaftsministerium hat 15 neue Maßnahmen beschlossen, mit denen die staatlichen Unternehmen des Landes größere Autonomie erhalten. So dürfen Staatsbetriebe künftig selbstständiger über ihre Finanzen verfügen, zudem entfallen Beschränkungen bei der Zahlung von Prämien.

"Wir müssen starke sozialistische Staatsunternehmen schaffen, die neben Fertigwaren auch Rohstoffimporte ersetzen und Produktionszyklen schließen", erklärte Premierminister Manuel Marrero die Reform, die unter dem Motto "Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Sozialistischen Staatsunternehmens" läuft.

Leitmotiv ist die Stärkung der untersten Ebene der Staatsbetriebe, die "Unternehmerischen Basiseinheiten" (UEB). Diese dürfen ab sofort jährliche Prämien jenseits der bisherigen Obergrenze von fünf Monatsgehältern ausbezahlen. Die Entrichtung der Prämie ist dabei nicht mehr an die Erfüllung von Planindikatoren gebunden, sondern hängt von den Gewinnen des jeweiligen Unternehmens ab. Darüber hinaus hält das bereits aus dem Devisen- und Tourismussektor bekannte Leistungssystem Einzug in alle staatlichen Unternehmen. Das Verhältnis zwischen UEBs und den ab 2012 geschaffenen unternehmerischen Dachverbänden (OSDEs), welche sich zu "Mini-Ministerien" entwickelt hätten, soll neu abgesteckt werden. 

UEB-Direktoren werden erstmals direkten Zugang zu Krediten und anderen Bankdienstleistungen für ihr jeweiliges Unternehmen erhalten und neue Projekte über den Plan hinaus anschieben können. Die Anzahl der zentralen Plankennziffern wurde um rund die Hälfte reduziert. Unzureichende Planzuteilungen sollen über die Dezentralisierung der Deviseneinnahmen vom Betrieb durch eigenständige Importe und Geschäftsabschlüsse ausgeglichen werden können. Die Rolle von Steuern und Gewinnen wird auch auf lokaler Ebene eine größere Rolle spielen.

Mit der größeren Entscheidungsautonomie soll die angestrebte Verzahnung sämtlicher Eigentums- und Produzentenformen in Kuba ermöglicht werden, indem beispielsweise auch Genossenschaften und Privatbetriebe von staatlichen Betrieben unter Vertrag genommen werden können.

Als neue juristische Figur ist die Bildung von Filialunternehmen vorgesehen, die jedoch nur einen "Zwischenschritt in der Restrukturierung und Modernisierung des Unternehmenssystems" darstellten. Künftig sollen "Kleine und mittlere Unternehmen" als eigene Rechtsform sowohl im Privatsektor als auch in Form von Staatsunternehmen gebildet werden können. UEBs mit geschlossenen Wertschöpfungsketten werden sich als eigene Unternehmen konstituieren können und damit mehr Geschäftsautonomie erhalten.

Die Entscheidungskompetenz über die Gründung, Auflösung und Fusion von staatlichen Unternehmen, die bisher beim Ministerium liegt, soll "dezentralisiert" werden, wobei noch keine Details über die neuen Abläufe bekannt sind.

Das Maßnahmenpaket ist Teil der im Juli angekündigten neuen Wirtschaftsstrategie, mit der das Land den Folgen der Corona-Pandemie begegnen will.