Bogotá. Laut einem Bericht der kolumbianischen Ombudsstelle für Menschenrechte kam es im ersten Vierteljahr 2021 zu 65 massiven Vertreibungen. Dies entspricht fast dem Doppelten des Vorjahreswertes von 32 Vertreibungen im ersten Quartal. Insgesamt hätten 27.435 Menschen ihre Heimat aufgrund der wachsenden Gewalt verlassen müssen, wie die Behörde am Montag meldete – ebenfalls deutlich mehr als im letzten Jahr.
Als Ursachen der Vertreibungen werden unter anderem die Zunahme von Tötungen, gezielten Drohungen, Zwangsrekrutierungen und dem Legen von Landminen angegeben sowie Gefechte illegaler Gruppen untereinander oder mit der kolumbianischen Armee. Der Einfluss von bewaffneten Akteuren ist trotz des Friedensvertrags mit der Farc-Guerilla gewachsen und sie haben die Kontrolle über viele Gebiete übernommen, überwiegend in ländlichen Regionen. Dadurch geraten Dorfgemeinden häufig ins Kreuzfeuer und die Bevölkerung müssen ihre Gebiete verlassen.
Besonders betroffen von der Gewalt ist die Pazifikregion. Im Departamento Valle del Cauca wurden 3.237 Familien vertrieben, insgesamt 10.097 Menschen. Ein Großteil der Vertreibungen fand in der Hafenstadt Buenaventura statt. Dort kommt es häufiger zu Gefechten zwischen illegalen Banden, die um die Vormacht im Drogenhandel kämpfen. Kürzlich hatte sich auch das UN-Büro für Menschenreche in Kolumbien besorgt über die Situation in der Stadt gezeigt. Dort wurden in diesem Jahr bereits 41 Menschen getötet, 13 weitere werden vermisst.
Neben Valle del Cauca ist auch die Chocó-Region stark betroffen. Dort sind 3.876 Menschen, insgesamt 1.154 Familien, vertrieben worden. Die Lage in der Region ist besonders kritisch für knapp 10.000 Flüchtlinge und Migrant:innen, die sich an der Grenze zu Panama befinden. Menschen aus Haiti, Kuba, afrikanischen Staaten und dem Nahen Osten versuchen, durch die Regenwaldregion Darién zunächst nach Panama und dann weiter in die USA zu gelangen, und sind dabei häufig der Gewalt durch illegale Banden ausgesetzt.
Die Vereinten Nationen verurteilten in einer Mitteilung die zunehmende Gewalt gegen Dorfgemeinden, Sozialaktivist:innen, Menschenrechtler:innen und Ex-Guerillakämpfer:innen. Die neubenannte Partei der ehemaligen Farc-Guerilla, "Comunes", beklagte, dass seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags im Jahr 2016 bereits 271 ihrer Anhänger ermordet wurden.