Kolumbien: Anzahl der Morde an sozialen Aktivist:innen steigt weiter

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Unter den Ermordeten: der indigene Lehrer und Musiker Socio Fernando Domicó
Unter den Ermordeten: der indigene Lehrer und Musiker Socio Fernando Domicó

Tuluá et al. Die Sicherheitslage bleibt für sozialen Aktivist:innen auch sechs Jahre nach dem Friedensabkommen in Kolumbien weiterhin prekär. Am vergangenen Wochenende sind drei Aktivisten in Cauca, Antioquia und Tuluá ermordet worden. Sie zählen zu den mittlerweile 76 sozialen Aktivist:innen im Land, die laut Berichten der Beobachterstelle Indepaz allein in diesem Jahr getötet wurden.

Wie Indepaz berichtete, wurde der jüngste Mord letzten Sonntag an Alexander Espinosa Valencia verübt. Dieser war Präsident der Gemeindevereinigung Vereda El Retiro und befand sich zum Zeitpunkt der Tat auf der Heimfahrt von La Moralia nach Tuluá im Departamento Valle del Cauca. Infolge des Mordes wurde von der nationalen Ombudsstelle eine Warnung für die Gemeinde Tuluá ausgesprochen, wo bereits Indizien für weitere Angriffe auf die Zivilbevölkerung vorliegen. Des Weiteren identifizierte die Ombudsstelle mehrere kriminelle Gruppierungen, die in der Region tätig sind – darunter die Compañía Adán Izquierdo del Comando Coordinador de Occidente sowie die lokalen Banden "Los de la Inmaculada", "Asoagrín de la Cruz" und "Los Flacos".

Zudem bestätigte Indepaz den Mord am sozialen Aktivisten Edgar Quintero, der sich in der Gemeinde Santander de Quilichao, Cauca ereignete. Quintero war Präsident der örtlichen Gemeindevereinigung und verantwortlich für diverse Aktivitäten hinsichtlich der Umsetzung des Friedensabkommens. Laut Informationen, die seine Organisation bekanntgab, wurde er von vier Männern, die sich ihm auf Motorrädern näherten, erschossen. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus erlag er seinen Verletzungen.

Auch Socio Fernando Domicó zählt zu den Aktivisten, die am vergangenen Wochenende gewaltsam ums Leben kamen. Der indigene soziale Anführer war Lehrer an der Berufsschule Llano Gordo in Dabeiba, Antioquia. Er war Musiker und wirkte in verschiedenen Projekten innerhalb der Gemeinde mit. Domicó wurde in der Nacht zu letztem Freitag im nahegelegenen Dorf Choromandó von zwei bewaffneten Männern erschossen, wie die Indigenenorganisation von Antioquia berichtete.

Innerhalb dieses Monats wurden bereits zehn Morde an Sozialaktiven in Kolumbien registriert. Die insgesamt 76 getöteten Aktivist:innen im Jahr 2022 stehen im Zeichen des generellen Gewaltanstiegs im Land, der seit Januar verzeichnet wird. Laut Angaben von Indepaz zählt das aktuelle Jahr zu einem der blutigsten seit dem Friedensabkommen. Im Allgemeinen gilt Kolumbien nach Angaben von Human Rights Watch aktuell als das gefährlichste Land für Umwelt-, Menschenrechts- und indigene Aktivist:innen. Die Regierung unter dem kolumbianischen Präsidenten Iván Duque wird u.a. für die fehlenden Regulierungen und Maßnahmen zu ihrem Schutz kritisiert.