Brasilien / Politik

Brasilien: Bolsonaro warnt USA vor Isolation durch ein "rotes" Lateinamerika

Amtierender Präsident baut Drohszenarien über einen Wahlsieg Lulas auf und weist Kritik an Umgang mit Pandemie und Amazonas-Abholzungen zurück

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Jair Bolsonaro im Interview mit Tucker Carlson
Jair Bolsonaro im Interview mit Tucker Carlson

Rio de Janeiro. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat in einem Programm des US-amerikanischen Fernsehsenders Fox News eine Bilanz über seine Amtszeit gezogen. In einem Interview mit dem Moderator Tucker Carlson sprach er über seinen Umgang mit der Corona-Pandemie, den Amazonas-Regenwald, die anstehende Wahlzeit und die Zukunft des Landes.

Das Interview begann mit einem Gespräch über die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Oktober. Auf die Frage, was passieren würde, wenn der linke Gegenkandidat Luiz Ignacio Lula da Silva die Wahl gewinnen würde, erklärte Bolsonaro nachdrücklich: "Das Land wird dem selben Pfad folgen wie Venezuela, Argentinien, Chile und Kolumbien". Darunter würde vor allem die brasilianische Bevölkerung leiden, denn "wenn der linke Flügel an die Macht kommt, werden sie diese nicht mehr hergeben". Bolsonaro sagte zwar, dass er sich sicher sei, dass Brasilien unter Lula eine Demokratie bleiben würde, diese aber zu kollabieren drohe, was in Folge ganz Lateinamerika gefährden könne.

Den USA gab er in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass sie zu einem komplett isolierten Land werden würden, wenn Lateinamerika erst einmal "vollständig rot" sei.

Auf die Frage, wie Bolsonaro mit der zunehmenden Kritik von Seiten einer Vielzahl von berühmten Schauspieler:innen und Musiker:innen aus seinem Land umgehe, zeigte er sich gelassen. “Niemand mag es, kritisiert zu werden”, sagte er. Seine Lösung sei daher, die Kritik zu ignorieren, denn er könne nicht arbeiten, wenn er sich mit jeder Kritik auseinandersetzen müsste.

Besonders in Bezug auf die illegale Abholzung des Amazonas sieht Bolsonaro keinerlei Probleme. Er erklärte, dass ein Großteil der Zerstörung des Waldes bereits während der Kolonialzeit stattgefunden habe, die Situation aktuell aber entspannt sei. Waldbrände gebe es immer wieder, was aber auf natürliche Faktoren zurückzuführen sei. Weiterhin führte er aus, dass es zwar illegale Abholzung gebe, aber nicht in dem Ausmaß, wie es die Naturschützer:innen behaupteten. Zudem könne bei der Größe des Regenwaldes auch nicht jeder Meter überwacht werden.

Bolsonaro empfahl allen Kritiker:innen, sich besser mit dem Regenwald auseinanderzusetzen und "einfach mal einen Rundflug über den Wald zu machen". So könnten sie sich davon überzeugen, dass es weder Waldbrände noch Zerstörung gebe.

Ein weiteres wichtiges Thema im Interview war der Umgang des Präsidenten mit der Corona-Pandemie. Auf die Frage, warum er sich nicht eher für die Impfung entschieden habe, erklärte Bolsonaro, dass zu viel Fokus auf der Entwicklung eines Impfstoffs gelegen habe und zu wenig auf potentielle Nebenwirkungen.

Besonders betonte er, dass die Impfung gegen das Corona-Virus nicht helfen würde, wenn jemand bereits infiziert war. Allerdings sei ihm aber die persönliche Freiheit der einzelnen Person wichtig gewesen. So habe er sich als Präsident des Landes gekümmert, dass jede Person, die sich impfen lassen wollte, dies auch konnte.

Besonders im ersten Corona-Jahr empfahl Bolsonaro der Bevölkerung immer wieder, das nachweislich unwirksame Medikament Ivermectin gegen eine Infektion zu nutzen. Im Interview bezog er dazu Stellung und erklärte, dass dies sein Weg gewesen sei, der Bevölkerung mit einem Heilmittel helfen zu wollen, denn viele Medikamente seien in der Geschichte nur durch Zufall entdeckt worden. Aufgrund des globalen Drucks habe man allerdings eher eine "experimentelle Impfung" auf den Markt gebracht, als nach wirksamen Medikamenten zu forschen. "Und jetzt sieht man: die Leute lassen sich zum dritten oder vierten Mal impfen und infizieren sich noch immer."

Auf die Frage, woher der Virus stamme, erklärte er lachend: "Aus einem Labor, vom anderen Ende der Welt."

Der Präsident selbst teilte das Interview auf seinen sozialen Medien mit dem Kommentar: "Wir zeigen der Welt die Wahrheit über Brasilien."

Tucker Carlson ist einer der prominentesten Rechten im US-amerikanischen Fernsehen. Seine Show "Tucker Carlson Tonight" hat rund drei Millionen Zuschauer:innen. Bereits vergangenes Jahr führte Carlson ein Interview mit dem ungarischen Staatsoberhaupt Viktor Orban, betonte dessen restriktive Asylpolitik und bezeichnete Ungarn als ein Land, das "allen anderen noch viel lehren" könne.

Besonders in der Kritik stand er zuletzt bei der brasilianischen Bevölkerung, nachdem er ein Foto auf Twitter publizierte, welches ihn, an der Seite von Bolsonaro, mit einer indigenen Kopfbedeckung auf dem Haupt zeigte.