San Salvador. Der zum fünften Mal verlängerte Ausnahmezustand in El Salvador hat weiterhin schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung.
Vergangenen Montag gab das Sicherheitsministerium von El Salvador an, 51.241 mutmaßliche Bandenmitglieder festgenommen zu haben. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten dabei jedoch von immer mehr willkürlich Inhaftierten und der Missachtung des Rechts auf ein ordnungsmäßiges Verfahren. Die Organisation Cristosal konnte 129 Fälle ermitteln, in denen Personen allein aufgrund eines anonymen Anrufs verhaftet wurden.
Angehörige von Betroffenen protestieren gegen die willkürlichen Verhaftungen an. Die Gruppe "Bewegung von Opfern des Ausnahmezustands" (Movir) versammelte sich vor dem Büro des Ombudsmannes für Menschenrechte. Sie kritisierten den aktuellen Menschenrechtsbeauftragten scharf: "Wir schämen uns, José Apolonio Tobar als unseren Menschenrechtsbeauftragten zu haben. Er ist mitschuldig an schweren Menschenrechtsverletzungen, weil er geschwiegen hat".
Am Montag lehnte der politische Ausschuss des Parlaments einen Antrag auf Aufhebung des Ausnahmezustands, auf Freilassung der unrechtmäßig Inhaftierten und Wiedergutmachung der ihnen widerfahrenen Schäden ab. Der Antrag wurde am 16. August in die Versammlung eingebracht. Die Partei des regierenden Präsidenten Nayib Bukele, Nuevas Ideas, gab als Begründung an, dass der Antrag dem Willen des Volkes widerspreche. Die Inhaftierten sollten stattdessen eine Möglichkeit suchen, ihre Unschuld zu beweisen.
Vertreter von Menschenrechtsorganisationen trafen sich vergangenen Freitag zu einem Forum zur Analyse der Menschenrechtsverletzungen und stellten fest, dass der fehlende Zugang zur Justiz und zu ordnungsmäßigen Verfahren zu den schwerwiegendsten Verstößen während des Ausnahmezustands gehörten. Sie zeigten auf, dass sich unter der aktuellen Regierung insbesondere die Situation der schutzbedürftigen Bevölkerung, wie Frauen, Kinder, Jugendliche und LGBTIQ+-Personen, verschärft hat.
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Die Aktivisten von Movir beklagen die fehlende Berichterstattung in den nationalen Medien. Außerdem kritisieren sie, dass weiterhin von der Inhaftierung Krimineller gesprochen wird, ohne dass die Schuld der Inhaftierten bewiesen sei. "Wir verteidigen keine Kriminellen, sondern unschuldige Menschen", sagte ihr Sprecher Samuel Ramírez. Sie richteten deshalb ihre Bitte an den Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen (UN), Clément Volue, die Menschenrechtsverletzungen während des Ausnahmezustands zu untersuchen.
"Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen, machtlos. Ich denke es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, dass die Vereinten Nationen untersuchen, was in den Gefängnissen geschieht und was mit den Gefangenen geschieht, die keine rechtliche Grundlage für ihre Inhaftierung haben", sagte Samuel Ramírez.
Volue erklärte, dass die Vereinten Nationen die Situation überwachen, das Land aber nur mit einer formellen Einladung besuchen könnten. Der UN-Menschenrechtsausschuss bescheinigte der Regierung dabei ein schlechtes Abschneiden der Menschenrechtssituation.
In keinem der Punkte, die der Ausschuss 2018 bewertet hat, habe es signifikante Verbesserungen gegeben. Die Situation von Opfern des gewaltsamen Verschwindenlassens sei sogar schlechter geworden, weil Informationen zurückgehalten werden. Der Ausschuss äußerte sich besorgt über die aktuelle Situation und sprach davon, dass "Straffreiheit herrsche".