Managua/Brüssel. Der Rat der Europäischen Union (EU) hat am vergangenen Donnerstag die Sanktionen gegen 21 Vertreter:innen der Regierung Nicaraguas und gegen drei Institutionen des Landes um ein weiteres Jahr verlängert. Laut einer Erklärung der EU umfassen die Sanktionen, die bis zum 15. Oktober 2023 gelten, das Einfrieren von Vermögenswerten der betroffenen Personen und das Verbot für EU-Bürger und Unternehmen, mit ihnen in Geschäftskontakte zu treten. Für Einzelpersonen gilt außerdem ein Verbot, das EU-Gebiet zu bereisen oder zu durchqueren.
Die Entscheidung der EU folgt auf die als "ungerechtfertigt" bezeichnete Ausweisung der EU-Botschafterin Bettina Muscheidt und den Abbruch der Beziehungen zu den Niederlanden (amerika21 berichtete).
Außerdem hatte die EU im Gegenzug zur nicaraguanischen Ausweisung auf Initiative ihres Außenbeauftragten Josep Borell die nicaraguanische Botschafterin bei der EU, Zoila Yanira Müller Goff, zur Persona non grata erklärt und sie ebenfalls aus der EU verwiesen.
Nicaraguas Schritt war erfolgt, nachdem die EU Nicaragua bei den Vereinten Nationen aufgefordert hatte, "die Unterdrückung von Oppositionellen, Priestern, Journalisten und unabhängigen Medien zu beenden und an der Wiederherstellung der Demokratie im Lande zu arbeiten". Außerdem forderte die EU die Regierung von Präsident Daniel Ortega auf, dass "die derzeitige soziopolitische Krise durch einen echten Dialog zwischen der Regierung und der Opposition gelöst werden muss".
In den letzten Jahren hatten die EU und die USA wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption Reise- und Wirtschaftssanktionen gegen Dutzende Regierungsvertreter, enge Mitarbeiter und Familienmitglieder des nicaraguanischen Präsidenten verhängt.
Die diplomatischen Konflikte mit USA und EU bereiten der oppositionellen und unternehmernahen Online-Zeitung La Prensa indes Sorge. Sie erinnerte die Regierung Ortega an die für das Land wichtigen Wirtschaftsbeziehungen zu europäischen Ländern. Aktuell belaufen sich die Exporte auf etwa 280 Millionen US-Dollar jährlich. Das wichtigste Exportgut in die EU ist Kaffee.
Die Regierung Nicaraguas sieht die Positionen und Sanktionsmaßnahmen der USA und EU als Einmischung und stellt sie in den Zusammenhang von Kriegsführung wie während des Contra-Krieges in den 1980er Jahren. Aus diesem Grund baut die sie seit Jahren ihre Beziehungen zu China und Russland aus und sucht eine Vernetzung mit lateinamerikanischen Ländern.
Nicaraguas Außenminister Denis Moncada hob bei der Amtseinführung des neuen Botschafters der Regierung von Präsident Gustavo Petro in Kolumbien am letzten Freitag noch einmal die Anforderungen an diplomatische Beziehungen hervor. Er erklärte, dass die Außenpolitik des Landes immer auf die Aufrechterhaltung und die Stärkung der Beziehungen unter Berücksichtigung der Wiener Konvention ausgerichtet sei. Neben der Grundlage des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen seien die "heilige Achtung der Länder vor der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten und die souveräne Gleichheit der Staaten" grundlegende Prinzipien.