Boa Vista. Die Maßnahmen der Regierung in Brasilien zur Vertreibung der illegalen Arbeiter:innen aus den Gebieten der Yanomami-Indigenen zeigen erste Erfolge. Viele Arbeiter:innen beginnen, die Region zu verlassen.
Die brasilianische Luftwaffe sichert derzeit den Luftraum über dem Gebiet der Yanomami ab. Die Regierung hatte zuletzt ein Flugverbot als Maßnahme gegen den illegalen Bergbau dort ausgesprochen.
"Wir haben die Information, dass viele Bergarbeiter:innen weggehen", bestätigte Sônia Guajajara, Ministerin des Ministeriums für Indigene Völker und sieht dies als ersten Erfolg. Aktivist:innen haben jedoch Sorge, dass die Arbeiter:innen in derzeit unüberwachte indigene Gebiete eindringen könnten. Juliana Batista, Anwältin des sozialökologischen Instituts, fordert in diesem Zusammenhang staatliche Maßnahmen, um dies zu regulieren. Guajajara bestäigte bereits, dass es diesbezüglich Pläne gebe, diese aber aus Gründen der Sicherheit nicht veröffentlicht würden.
Trotz der Bemühungen ist die Lage vor Ort weiterhin angespannt. In den letzten Wochen haben Krankenhäuser immer wieder neue Todesfälle aufgrund von Unterernährung gemeldet. Besonders problematisch ist die Versorgung von Notfällen, welche oftmals nur durch den Einsatz von Hubschraubern gewährleistet werden kann. So verstarb ein eineinhalb Jahre altes Kind, weil der Hubschrauber aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse nicht abheben konnte.
Als Maßnahme zur Bekämpfung der gesundheitlichen Krise bei den Yanomami hat das Gesundheitsministerium nun die Verteilung von insgesamt 6.000 Malaria-Schnelltests angewiesen. Die Tests sollen nach Gewicht und besonders einfacher Benutzung ausgewählt worden sein, erklärte Alex Baumann, der Zuständige für Indigene Gesundheit. Insbesondere das geringe Gewicht sei wichtig für eine schnelle und weitreichende Verteilung in Gebieten, die nur über den Luftraum zu erreichen sind. Brenda Coelho, die bei der Nationalen Institution zur Vorbeugung und Bekämpfung von Malaria arbeitet, erklärt, dass auch symptomfreie Personen getestet würden, um eine "genauere Analyse der Situation in den Dörfern" gewährleisten zu können. Derzeit sind viele Yanomami an Malaria erkrankt, was zu einer Verschärfung der großen Nahrungsunsicherheit und Unterernährung führt.
Zudem hält die Gewalt gegen die Indigenen an. So wurden vor zwei Wochen drei Yanomami von illegalen Arbeiter:innen ermordet. Zudem gab es von Seiten der Indigenen die Meldung, dass mindestens 30 junge Mädchen von Arbeitern vergewaltigt und geschwängert wurden. Die Indigenenbehörde Funai und das Gesundheitsministerium beobachten und begleiten die Fälle. Es gibt auch Vorwürfe über illegale Freigaben von Yanomami-Babys zur Adoption.
Präsident Luis Inácio Lula da Silva hat sich klar auf die Seite der Indigenen gestellt und versprach in einer Nachricht an den Kongress, dass indigene Personen und andere marginalisierte Personengruppen nun mit dem Staat einen "solidarischen Partner" hätten. Er verteidigte die Maßnahmen gegen die Arbeiter:innen, "die illegal im indigenen Gebiet agieren, die Kinder ermorden, den Regenwald zerstören und die Flüsse und Fische mit Quecksilber vergiften".
Ministerin Guajajara kündigte, dass die Regierung in den kommenden Monaten 14 Gebiete in insgesamt acht brasilianischen Bundesstaaten demarkieren werde. Eine Demarkierung und Anerkennung der Gebiete würde dazu führen, dass die indigenen Gruppen die Rechte über die Regionen und das exklusive Nutzungsrecht über die vorhandenen natürlichen Ressourcen bekommen.
Das Oberste Gericht hat indes gegen die Regierung von Ex-Präsident Jair Bolsonaro Ermittlungen wegen möglichen Genozids eingeleitet. Der Aktivist Dário Kopenawa geht einen Schritt weiter und beschuldigt explizit Bolsonaro des Genozids. Er ist der Sohn von Davi Kopenawa, der bereits vor 40 Jahren gegen den illegalen Bergbau in den indigenen Gebieten gekämpft hat. Die Militärs vor Ort hätten vom illegalen Bergbau gewusst. Gewalt gegen die Indigenen sei seit Jahren ein Thema, sein Onkel sei beispielsweise ermordet worden. Er hoffe nun auf die Maßnahmen der neuen Regierung, so Kopenawa.
Um den illegalen Arbeiter:innen eine mögliche Rückkehr zu erschweren, haben lokale Behörden begonnen, wichtige Infrastruktur, Flugzeuge, Helikopter und Maschinen zu zerstören. Die Sicherheitsbehörden des Bundesstaats Roraima haben gegen zahlreiche Firmenbesitzer:innen und Anwält:innen Ermittlungen eingeleitet. Sie sollen mit illegal abgebautem Gold innerhalb der letzten fünf Jahre Umsätze von bis zu 422 Millionen Reais (rund 75 Millionen Euro) gemacht haben.