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Parlament von Chile stimmt Ausweitung der Umweltinstitutionen zu

Neue staatliche Einrichtung soll sich um die Wahrung der Biodiversität im Land kümmern und die Naturschutzgebiete verwalten

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"Die Natur hat ein Gesetz": Abgeordnete feiern in Chile die Verabschiedung des Gesetzespakets
"Die Natur hat ein Gesetz": Abgeordnete feiern in Chile die Verabschiedung des Gesetzespakets

Santiago. Das Parlament in Chile hat ein Gesetz verabschiedet, das die Gründung eines Dienstes für Biodiversität und geschützte Gebiete, kurz SPAB, ermöglicht.

"Acht Minister, fünf Regierungen und ein politischer Konsens ermöglichte es, alle Interessen zu überwinden, die sich gegen einen Dienst für die Biodiversität stemmten", twitterte der ehemalige Umweltminister Marcelo Mena zur Verabschiedung.

Dreizehn Jahre nachdem das Gesetz erstmals ins Parlament gebracht wurde, nahm eine überragende Mehrheit mit nur zwei Gegenstimmen das Gesetzespaket an, das die chilenischen Umweltinstitutionen vervollständigen soll.

Der direkt dem Umweltministerium unterstellte Dienst soll sich in Zukunft um die Wahrung der Biodiversität im Land kümmern und die nationalen Naturschutzgebiete verwalten. "Es ist dringend notwendig, dem Rückgang der Biodiversität entgegenzuwirken und die Gründung der SBAP ermöglicht genau dies, da sie dem Land einen öffentlichen Dienst bereitstellt, der sich zu 100 Prozent eben darum kümmert", sagte die Umweltministerin Maisa Rojas gegenüber den Medien.

Bislang war für einen Großteil dieser Aufgabe die Corporación Nacional Forestal (Conaf) zuständig, eine privatrechtliche Korporation, die im Besitz des Umweltministerium steht, allerdings ihre Aktivitäten zum Teil privat finanzieren muss. Dies führte häufig zu fehlenden Ressourcen bei der Bekämpfung von Waldbränden, der Kontrolle der Umweltauflagen und der rechtlichen Verfolgung von Straftaten. Die Conaf verwaltet bislang auch die 107 Nationalparks des Landes. Die Instandhaltungskosten werden größtenteils durch die Eintrittstickets der Besucher:innen getragen.

Mit dem neuen Gesetz wird der Haushalt für diese Aufgaben um mehr als 50 Prozent erhöht, meldete die chilenische Onlinezeitung El Mostrador. In Chile sind rund 42 Prozent der Meere und 22 Prozent der Landfläche unter Naturschutz gestellt. Damit gehört Chile zu einem der Länder mit den meisten Naturschutzgebieten.

Parallel zur Ausweitung der Naturschutzgebiete und dem speziellen Schutz von Feuchtgebieten, wurden in den letzten Jahren die Institutionen zum Schutz der Natur ausgebaut. So wandelte die ehemalige Präsidentin Michelle Bachelet im Jahr 2010 die damalige Nationale Umweltkommission zum heutigen Umweltministerium um.

Alle folgenden Regierungen demonstrierten öffentlichkeitswirksam ihre Bemühungen für mehr Umweltschutz. Die rechte Regierung unter Sebastián Piñera holte dafür auch die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, COP25, in die Hauptstadt Santiago. Diese musste aufgrund der sozialen Revolte im Oktober 2019 kurzfristig nach Madrid verschoben werden. Dabei blamierte sich die damalige Umweltministerin, Carolina Schmidt, kurz vor Abschluss der Verhandlungen mit dem Vorschlag, die letzten Statements elektronisch zu beenden, "da die meisten von uns zum Flughafen eilen müssen", so die damalige Ministerin vor dem Plenum, das einhellig mit einem "Nein" antwortete.

Die damalige Regierung weigerte sich auch, das Umweltabkommen von Escazú zu unterschreiben. Der "Regionale Vertrag über den Zugang zu Informationen, über die Beteiligung der Öffentlichkeit und über die juristische Prüfung in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik" soll unter anderem Umweltschützer:innen mehr Schutz vor Verfolgung gewährleisten.

Trotz der Veränderungen kämpft das Land weiterhin mit verschiedenen Problemen bei der konkreten Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen. So stellten Aktivist:innen fest, dass Unternehmen sich per Gericht erfolgreich gegen den Schutz von städtischen Mooren und Feuchtgebieten wehren konnten.

Außerdem scheiterte die Umweltministerin Maisa Rojas zeitgleich zur Gründung des SBAP damit, den Betrieb von neuen Lachsfarmen in Umweltschutzgebieten per Gesetz zu verbieten. Die Lachsindustrie macht immer wieder Schlagzeilen mit dem Ausbruch der Raubfische und der Verschmutzung der Unterwasserwelt durch Antibiotika, Kot, Treibstoff und Industriemüll.

Die Ministerin sagte dazu im Interview mit El Desconcierto: "Der Lachs ist eine invasive und exotische Tierart, mir scheint es logisch, dass in Schutzgebieten diese Gefahr nicht existieren sollte", und zeigte somit auf, dass weiterhin eine große Kluft zwischen Deklarationen und konkreter Praxis herrscht.