Unabhängigkeitstag in Peru von massiver Repression überschattet

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Familien gedachten auf der Plaza 2 de Mayo in Lima ihrer bei den Protesten getöteten Angehörigen
Familien gedachten auf der Plaza 2 de Mayo in Lima ihrer bei den Protesten getöteten Angehörigen

Lima. Mit mehr als einer Woche Abstand hat die Polizei in Peru zahlreiche Personen festgenommen, die an den Protesten des "Dritten Marsch auf Lima" (amerika21 berichtete) gegen die Regierung von Dina Boluarte und den Kongress teilgenommen hatten. Betroffene und Anwälte prangern die willkürliche Art der Festnahmen und die Erfindung unbegründeter Anschuldigungen an.

Fast hundert Personen aus Lima und den Regionen Moquegua, Puno, Arequipa und Chiclayo, darunter viele Journalist:innen, wurden am vergangenen Wochenende in Haft genommen. Seit den jüngsten Massenprotesten liegen zudem noch zahlreiche Menschen mit Verletzungen in Krankenhäusern. José Balarazo, Mitglied des Netzwerks von Anwälten, die die Freilassung der Inhaftierten fordern, prangerte gegenüber Telesur an, dass die Einsatzkräfte Protestierenden mit Trängengasgranaten und Gummigeschossen direkt in den Genitalbereich schossen.

Die Welle von Festnahmen geschah rund um den Unabhängigkeitstag, den Peru am 28. Juli begeht. Wenige Kilometer entfernt zur großen Militärparade anlässlich dieses Tages wurden Demonstrierende auf der Plaza Dos de Mayo von der Nationalpolizei mit Tränengasgranaten attakiert. Zahlreiche Angehörige von Menschen, die bei den seit Dezember vergangenen Jahres stattfindenden Protesten gegen die Regierung Boluarte getötet wurden, hatten sich dort versammelt, um mit Transparenten und Bildern ihrer Angehörigen zu gedenken.

Weitere Proteste fanden vor der Abteilung für soziale Angelegenheiten im Bezirk Rimac statt. Dort hielten Demonstrierende einen Sitzstreik ab, um die Freilassung des Journalisten, Universitätsdozenten und Dokumentarfilmers Kenty Aguirre sowie des Vorsitzenden des Koordinationskomitees der Nachbarschaftsorganisationen des Nordens von Lima, Raúl Tinco, zu erwirken. Beide waren am vergangenen Freitag verhaftet worden.

Nach Angaben des alternativen Mediums Red Muqui setzte die Polizei auch dort ein starkes Aufgebot ein, um die Proteste einzudämmen. Tinco wurde schließlich gegen 20 Uhr Ortszeit freigelassen. Aguirre wies nach seiner Freilassung am Sonntag laut einer ärztlichen Untersuchung 17 Verletzungen auf. Nach Angaben der Zeitung La República wird er die Polizei wegen Folter und Amtsmissbrauch anzeigen.

In ihrer ersten Präsidialbotschaft zum 28. Juli gedachte Präsidentin Dina Boluarte der Opfer der Proteste gegen ihre Regierung, die in acht Monaten über 60 Todesopfer, vor allem indigener Herkunft, zur Folge gehabt haben (amerika21 berichtete). "Ich erkläre erneut - und mit großem Bedauern -, dass die Zahl der Opfer und der Verletzten ein beklagenswertes Ergebnis ist, das niemand wollte. Mit tiefer und schmerzlicher Betroffenheit entschuldige ich mich im Namen des Staates bei den Angehörigen all derer, die gestorben sind, Zivilisten, Polizisten und Militärs, und auch bei denen, die verwundet wurden", hieß es in der Ansprache.

In ihrem Abschlussbericht vom vergangenen Mai hob die Interamerikanischen Menschenrechtskommission hervor, dass es zwischen dem 7. Dezember 2022 und dem 23. Januar 2023 vor allem in den Städten Ayacucho und Puno zu schweren Menschenrechtsverletzungen kam. Boluarte sagte in ihrer Rede zu, dass sie den Empfehlungen der Kommission nachkommen werde.

Das Alternativmedium Wayka betonte jedoch, dass sich diese Versprechungen nicht bei den jüngsten Protesten widergespiegelt hätten, da die Repression, Einschüchterungen und Bedrohungen seitens der Ordnungskräfte weitergingen.