Haiti / Politik

Neuer Premier von Haiti zwischen US-Botschaft und "Banden"

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Bis zu 80 Prozent der Hauptstadt sollen unter Kontrolle von Banden und anderen bewaffneten Kräften stehen
Bis zu 80 Prozent der Hauptstadt sollen unter Kontrolle von Banden und anderen bewaffneten Kräften stehen

Port-au-Prince. Der neu ernannte Premierminister Garry Conille hat in seinen ersten Tagen im Amt den US-Botschafter Dennis Bruce Hankins zu einem Inspektionsbesuch empfangen und musste auf den verlustreichen Einsatz einer neuen Spezialeinheit zur Bandenbekämpfung (Utag) im Hauptstadtgebiet Delmas 18 reagieren.

Die Ernennung von Conille zum Präsidenten war erst am 11. Juni im Amtsblatt der Republik Haiti veröffentlicht worden. Nach der anschließenden Bildung eines Kabinetts für die 18 Ministerien führt er die Übergangsregierung an, die bis zum 7. Februar 2026 die ersten Wahlen organisieren soll, seit 2016 die damaligen abgebrochen wurden.

Die Bildung dieser Übergangsregierung geht auf das Abkommen vom 3. April zurück, in welchem ihre Aufgabe formuliert ist, gemeinsam mit dem Präsidialrat (CPT) zu arbeiten, um die politische, sicherheitspolitische und humanitäre Krise des Landes zu lösen.

Kurz vor der Ernennung des Premierministers hatte der US-Botschafter kommentiert: "Wir freuen uns auf einen transparenten Prozess, der es Haiti ermöglicht, einen Premierminister und eine Übergangsregierung zu haben, die auf der Grundlage technischer Verdienste und Unparteilichkeit ausgewählt werden".

Der US-Botschafter und der Premierminister besprachen nach Medienberichten die Frage der Sicherheitskrise und der Unterstützung der USA für die erwartete multinationale Polizeimission unter Führung Kenias. Im April hatte Hankins bereits ein ähnliches Treffen mit dem Generaldirektor der Nationalen Polizei von Haiti, Frantz Elbé, abgehalten, um diesem sein Engagement für Sicherheit und Stabilität in Haiti zu versichern.

Am 11. Mai begleitete Hankins den Polizeichef auf den internationalen Flughafen Toussaint Louverture in Port-au-Prince, um die von der US-Regierung gespendete Ausrüstung für die erwarteten Polizeieinsätze, darunter Panzer, zu übergeben, und erklärte dabei: "Mit den Bemühungen der US-Regierung und der Kooperation der haitianischen Regierung werden bis Ende Mai alle Bedingungen für die Aufnahme der ersten kenianischen Kontingente erfüllt sein. Nach Kenia werden dann die Truppen aus anderen Ländern an der Reihe sein, sich der Mission anzuschließen."

Indes hat der neue Premier einen verstärkten Einsatz von Spezialeinheiten in der Hauptstadtregion Delmas angeordnet. Dort kamen am Sonntag drei Polizisten der Utag im Einsatz ums Leben. Sie wurden in ihrem gepanzerten Wagen von Kräften angegriffen, die der bewaffneten Koalition "Vivre Ensemble" (Zusammen leben) unter dem ehemaligen Polizisten Jimmy Cherizier zugerechnet werden. Cherizier soll sich mit Verweis auf erbeutete Polizeiwaffen zu dem Überfall bekannt haben.

Die Utag ist die neue Spezialeinheit, die von den Behörden geschaffen wurde, um "von Banden kontrollierte Gebiete zurückzuerobern".

Haitis neuer Premierminister ehrte zusammen mit seinem Kabinett in einer Zeremonie die getöteten Polizisten. Er betonte dabei die ernste Situation der Unsicherheit.

Unterdessen wartet das Land weiter auf die Ankunft der multinationalen Truppe, die im Oktober letzten Jahres vom UN-Sicherheitsrat genehmigt wurde und von Kenia angeführt werden soll, deren Einsatz sich jedoch immer wieder verzögert hat.