Haiti / Menschenrechte

In Haiti bereits mehr als 500.000 Binnenvertriebene

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Am 2. Oktober autorisierte der Sicherheitsrat eine internationale Polizeimission in Haiti
Am 2. Oktober autorisierte der Sicherheitsrat eine internationale Polizeimission in Haiti

Port-au-Prince. Die Zahl der Binnenvertriebenen in Haiti ist in den letzten drei Monaten um 60 Prozent gestiegen. Grund dafür ist die zunehmende Bandengewalt inmitten einer schweren politischen, sozialen und humanitären Krise, so die Vereinten Nationen (UN).

Die Zahl der inländischen Flüchtlinge stieg von 362.551 Personen Anfang März auf inzwischen 578.740, so die UN-Organisation für Migration (IOM) in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Das Karibikland hat eine Bevölkerung von zehn Millionen Menschen.

"Der Anstieg ist eine direkte Folge der Gewaltspirale, die im Februar einen neuen Meilenstein erreicht hat", sagte IOM-Direktor Philippe Branchat.

"Die nicht enden wollende Krise in Haiti zwingt immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und alles zurückzulassen. Das ist nichts, was sie leichtfertig tun. Für viele von ihnen ist es sogar nicht das erste Mal", fügte Branchat hinzu.

In Haiti versucht eine unter der Schirmherrschaft der USA und der Gemeinschaft Karibischer Staaten (Caricom) neu gebildete Regierung die staatliche Ordnung wiederherzustellen (amerika21 berichtete).

Der Anstieg der Vertriebenen seit März wird auf die Eskalation der Gewalt im Land zurückgeführt, insbesondere in der Metropolregion von Port-au-Prince, wo Banden mehr als 80 Prozent der Gebiete kontrollieren.

Die Mehrheit der Geflüchteten lebt unter prekären Bedingungen und hat oft nur eingeschränkten Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen. Vor allem im Gebiet um Port-au-Prince und dem Süden Haitis hat die bereits überlastete Infrastruktur Mühe, den steigenden Bedarf zu decken.

39 von 96 Schulen und Bildungseinrichtungen in diesem Gebiet werden derzeit genutzt, um 61.000 Menschen zu beherbergen. Die massive Umwidmung von Bildungseinrichtungen hat laut IOM erhebliche Auswirkungen auf den Schulbesuch, schränkt den Zugang zu Bildung für viele Kinder ein und verschärft die bildungspolitischen Herausforderungen im Land.

Dazu kommt, dass häufig Kinder unter Bandenangriffen besonders leiden. Laut einem von UN-Generalsekretär António Guterres vorgelegten Bericht wurden 307 Kinder (160 Jungen, 117 Mädchen und 30, deren Geschlecht unbekannt ist) auf haitianischem Staatsgebiet Opfer schwerer Gewalttaten, 32 von ihnen wurden mehrfach vergewaltigt.

Nach weiteren Angaben der UN wurden 128 haitianische Kinder Opfer von Massakern, 78 wurden verstümmelt. Davon waren 126 Jungen, 60 Mädchen und bei weiteren 20 konnte das Geschlecht nicht festgestellt werden.

Dem Bericht zufolge starben 125 Kinder vor allem durch verirrte Kugeln und 62 durch gezielte Tötungen. Häufig kam es im Rahmen von Vergeltungsmaßnahmen zu Gruppenvergewaltigungen oder dem lebendigen Verbrennen von Kindern.

Guterres äußerte seine tiefe Besorgnis über die willkürliche Gewalt bewaffneter Banden und die schweren Übergriffe gegen Kinder auf haitianischem Territorium. Der Generalsekretär forderte die beschleunigte Entsendung der multinationalen Sicherheitsmission zur Unterstützung der haitianischen Polizei bei der Wiederherstellung der Sicherheit im Land. Diese war im vergangenen Oktober vom UN-Sicherheitsrat genehmigt worden, die Leitung hat Kenia übernommen.

Guterres drängte auch darauf, dass das Personal der Mission eine angemessene Ausbildung im Kinderschutz erhalten soll.