Santiago. Dem bekannten chilenischen Anwalt Luis Hermosilla werden Bestechung, Steuerdelikte und Geldwäsche vorgeworfen. Er gilt als Kopf des größten Korruptionsskandals in der jüngsten Geschichte des Landes.
Laut Medienberichten hat Hermosilla seit 1991 immer wieder Fälle vertreten, in die wichtige Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft verwickelt waren. Als Berater zweier verschwägerter Familien habe er sich persönlich bereichert. Illegale Geschäfte mit gefälschten Rechnungen soll er mit bestochenen Beamten abgesichert haben. Das online Portal El Mostrador vergleicht ihn mit dem Berater (consigiliere) von Vito Corleone, Tom Hagen, aus dem Kinoklassiker "Der Pate I".
Mit Kontoauszügen konnte die Staatsanwaltschaft belegen, dass durch Hermosillas Hände seit 2017 etwa 5,5 Millionen Euro geflossen sind. Außerdem wechselten demnach etwa 180.000 Euro Bargeld den Besitzer.
Hermosilla vertrat 1991 die Familie Guzmán als Ankläger wegen der Ermordung von Jaime Guzmán, dem ideologischen Vater der immer noch gültigen Verfassung der Militärdiktatur. In einem Fall knüpfte er Kontakte zu einem der größten Lebensmittelhändler Chiles. Später verteidigte er den wegen Kindesmissbrauch angeklagten Pastor einer katholischen Eliteschule. Die Kinder von Parlamentariern und Minister aus dem rechten, politischen Lager waren dort eingeschrieben. In anderen Fällen verteidigte er einen Anwalt vom Schiedsgericht der Handelskammer von Santiago (CCS) und den Sohn des Generaldirektors des chilenischen Ablegers des internationalen Bauriesen Azvi.
Im Zuge der Ermittlungen stieß die Staatsanwaltschaft auf die Firmen Patio und Factop deren Eigentümer enge familiäre Verbindungen unterhielten. Die Sauers betrieben die Factoringgesellschaft Factop und die Jalaffs ein Einkaufszentrum in Santiago. Die Jalaffs expandierten schnell in ganz Chile mit der Kette Patio. Als diese in finanzielle Schwierigkeiten geriet, erstellte sie Rechnungen über nicht vorhandene Geschäfte, die über Factop eingelöst wurden. Hermosilla war Stellvertreter und persönlicher Freund von Antonio Jalaff im Direktorium der Firma Patio und nutzte diese Vertrauensposition aus, um sein luxuriöses Leben zu finanzieren.
Hermosilla hatte je einen Vertrauten im Finanzamt und Rechnungshof, die gegen Bezahlung über alle Vorgänge der beiden Firmen informierten. Beide haben die Bestechungen eingestanden und stehen jetzt vor Gericht.
Im Zuge der Ermittlungen stieß die Staatanwaltschaft immer wieder auf Andres Chadwick, ehemaliger Parlamentarier und Innenminister der Regierung von Sebastian Piñera. Hermosilla und Chadwick kennen sich aus Studienzeiten. Kontoauszüge belegen, dass er zwischen 2020 und 2023 etwa 190.000 Euro für Rechtsberatungen und Studien von Hermosilla bekam. Chadwick beteuert, dass alles seine Ordnung hätte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch.
Im Prozess gegen Chadwick wegen seiner politischen Verantwortung für begangene Menschenrechtsverletzungen als Innenminister während der sozialen Proteste im Oktober 2019 wurde der deutsche Anwalt Kai Ambos, Spezialist für internationales Strafrecht, als sein Berater hinzugezogen. Den Kontakt stellte Rechtsanwalt Jean Pierre Matus her, der heute Richter am Obersten Gerichtshof ist. Die Staatsanwaltschaft konnte belegen, dass Hermosilla die Sauers beauftragte, beide Anwälte zu bezahlen.