Washington. Am 1. Juli 2025 hat US-Außenminister Marco Rubio offiziell das Ende der United States Agency for International Development (USAID) verkündet. Damit wurde einer der zentralen Akteure der US-Entwicklungspolitik nach über 60 Jahren abgewickelt. USAID wird künftig vollständig in das US-Außenministerium integriert.
Die Behörde, die bisher eigenständig Milliarden in humanitäre Hilfe, Demokratieförderung und Entwicklungsprojekte weltweit investierte, verliert damit ihre Unabhängigkeit. Besonders betroffen sind Länder des Globalen Südens, wo zahlreiche Programme nun beendet oder stark reduziert werden.
Bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2024 hatte Donald Trump angekündigt, die Auslandshilfe drastisch zu kürzen und USAID abzuschaffen. Kurz nach seinem Amtsantritt im Januar 2025 ließ er sämtliche Auszahlungen für zunächst 90 Tage einfrieren – eine Maßnahme, die sich rasch zu einer strukturellen Umgestaltung entwickelte. Im Februar wurden fast alle Mitarbeiter:innen von USAID weltweit auf unbezahlten Urlaub gesetzt. Von rund 10.000 Beschäftigten blieben weniger als 300 im Dienst. Im März folgte dann die Streichung von über 80 Prozent aller Programme. Die verbliebenen Aufgaben wie Katastrophenhilfe wurden in das State Department überführt (amerika21 berichtete).
Rubio betonte, dass künftige Auslandshilfe "im nationalen Interesse" der USA organisiert werde. Der Rückzug kommt in einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten. Besonders südlich der USA hängen viele Projekte von den Geldern ab. USAID war für zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen, Kommunalverwaltungen und humanitäre Projekte der einzige Geldgeber – so auch in Lateinamerika und der Karibik.
Wirtschaftsexpert:innen warnen vor einer Verschiebung der regionalen Kräfteverhältnisse. Der Rückzug der USA öffne die Tür für Investitionen aus China oder Russland, die ihre Einflussnahme in Lateinamerika seit Jahren ausbauen. Insbesondere Infrastrukturprojekte, digitale Netzwerke und Rohstoffpartnerschaften werden zunehmend in Zusammenarbeit mit China entwickelt. Die USA verlieren dadurch nicht nur geopolitischen Einfluss, sondern auch ihre Rolle als Akteur in entwicklungspolitischen Entscheidungsprozessen.
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Zivilgesellschaftliche Gruppen und Wissenschaftler:innen jedoch äußern auch durchaus Kritik an USAID: Zwar sei die finanzielle Hilfe von USAID oft entscheidend gewesen, doch nicht selten war sie auch an politische Bedingungen geknüpft. Die Behörde habe Regime-Change-Strategien in Kuba und Venezuela verfolgt. USAID sei kein neutraler Akteur, sondern Teil des geopolitischen Apparats der USA.
USAID förderte häufig politisch motivierte Programme, insbesondere in Ländern, die als strategisch relevant galten. In Venezuela, Kuba, Bolivien und Nicaragua war die Behörde immer wieder in Vorwürfe verwickelt, Regimewechsel zu unterstützen – etwa durch die Finanzierung oppositioneller Gruppen oder regierungskritischer Medien. Zudem unterstützte USAID Programme, die Privatisierungen, Deregulierung und Handelsliberalisierung in Empfängerländern vorantrieben. Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von einer neoliberalen Agenda, die langfristig soziale Ungleichheiten eher verschärft habe.
In vielen Ländern finanzierte USAID eigene Strukturen, NGOs oder Projekte, ohne sie sinnvoll mit staatlichen Entwicklungsplänen abzustimmen. Das führte teilweise zu Doppelstrukturen, mangelnder Nachhaltigkeit und schwacher lokaler Verankerung. In einigen Fällen wurden auch verdeckte Operationen durchgeführt, etwa in Haiti oder Kuba. Dies ist grundsätzlich mit dem offiziellen Mandat der Entwicklungszusammenarbeit schwer vereinbar.
Hauptsächlich in den letzten zwei Jahrzehnten, während der "War on Terror"-Phase, wurde kritisiert, dass USAID zunehmend mit militärischen Interessen verknüpft wurde. In Afghanistan, im Irak oder auch in Kolumbien gab es Programme, die vorgeblich den Drogenhandel bekämpfen sollten, aber vor Ort im Rahmen militärischer Aufstandsbekämpfung liefen.