Transnationale Konzerne und Menschenrechte

Es gibt bislang keine internationalen gesetzlichen Verpflichtungen für Konzerne, die Menschenrechte zu respektieren

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Der UN-Menschenrechtsrat gab im Juni 2011 die "Richtlinien der Vereinten Nationen zu Unternehmen und Menschenrechten" heraus
Der UN-Menschenrechtsrat gab im Juni 2011 die "Richtlinien der Vereinten Nationen zu Unternehmen und Menschenrechten" heraus

Der UN-Menschenrechtsrat gab im Juni 2011 die "Richtlinien der Vereinten Nationen zu Unternehmen und Menschenrechten" heraus; außerdem beschloss er die Einrichtung einer Arbeitsgruppe "Unternehmen und Menschenrechte", die sich aus fünf unabhängigen Experten zusammensetzt, die auf die Dauer von drei Jahren gewählt werden und die Aufgabe haben, die Umsetzung besagter Grundsätze voranzutreiben. Man richtete außerdem ein Forum ein, in dem jährlich die Trends und Herausforderungen dieser Aufgabe diskutiert werden sollen. Zwei der Experten, die zu der Gruppe gehören, Michael K. Addo und Dante Pesce, sind zum ersten Mal auf offizieller Mission in Peru, auf Einladung der peruanischen Regierung.1.

Ohne Zweifel wird der negative Einfluss, den transnationale Unternehmen auf die Menschenrechte in der ganzen Welt haben, immer offensichtlicher. Im Jahr 2005 übertrug der Generalsekretär der Vereinten Nationen es dem Professor John Ruggie, dieses Thema zu vertiefen, was 2008 als Ergebnis die Deklaration "Protect, Respect, Remedy" (Schutz, Respekt, Abhilfe“) gebracht hat. Entlang dieser drei Pfeiler entwickelte man die 31 Leitprinzipien, die dieses Instrument ausmachen.2

Der erste Pfeiler bezieht sich auf die Verpflichtung des Staates, die Menschenrechte durch Entwicklung geeigneter staatlicher Strategien und Regulatorien zu schützen, die die grundlegenden Rechte garantieren; der zweite ist die unternehmerische Verpflichtung, die Menschenrechte zu respektieren, das heißt, die Unternehmen müssen mit der notwendigen Sorgfalt vorgehen3, um zu vermeiden, die Rechte Dritter zu verletzen sowie um den nachteiligen Auswirkungen zu begegnen, an denen sie beteiligt sind; und der dritte ist die Notwendigkeit, auf der Seite der betroffenen Geschädigten den bestmöglichen Zugang zu effektiver Hilfe zu ermöglichen, sei es juristischer oder anderer Art.

In Peru auch nur an diese drei Grundsätze "Schutz, Respekt, Abhilfe" zu denken, heißt ganz einfach, mit einer verheerenden Realität zusammenzustoßen. Wir können eine breite Palette von Fällen zum Verhältnis von Unternehmen zu den Menschenrechten analysieren und wir werden darlegen, dass in der großen Mehrzahl weder der Staat schützt, noch die Konzerne respektieren und noch schlimmer, dass im Fall von Rechtsverletzungen keiner der beiden den Opfern hilft.

Gehen wir zurück zur aktuellen Situation, wo der Staat in den letzten fünf Jahren unter der Regierung von Ollanta Humala ebenso wie unter der gegenwärtigen von Präsident Pedro Pablo Kuczynski gleichermaßen eine aggressive Politik der Investitionsförderung durch die Schaffung, Veränderung und Aufhebung von juristischen Normen betrieben hat, welche die Verfahren über den Zugang zu Ländereien flexibilisieren oder die Umweltanforderungen abschwächen und die schließlich mit dem Schutzrahmen der Menschenrechte kollidieren. Ein Beispiel dafür ist dasGesetz 30230 [zur Förderung von Investitionen] oder das kürzlich aufgehobene Dekret 1333 [das den Zugang zu Land für Unternehmen restriktiv regelte]. Dies zeigt, dass der Staat weit davon entfernt ist, Menschenrechte zu schützen, sondern im Gegenteil konkrete Handlungen unternimmt, die am Ende die Mindeststandards zum Schutz der Menschenrechte schwächen.

Kommen wir zu dem Gebiet der Firmen, die, organisiert in Unternehmensverbänden wie der CONFIEP ( Confederación Nacional de Instituciones Empresariales Privadas), eine öffentliche Meinung und einen Druck seitens der Regierung erzeugt haben, der in vieler Hinsicht den Menschenrechten entgegensteht. Ein konkreter Fall war der Widerstand gegen das Menschenrecht auf vorherige Konsultation bei Bergbauaktivitäten, indem Einfluss auf den Staat genommen wurde, dass die Gemeinden der Landbevölkerung mit der Ausrede nicht befragt werden sollten, dass sie keine indigenen Völker seien.4 Diese Opposition und direkte, öffentliche Einflussnahme stand hinter den als "paquetazos" bezeichneten Gesetzesänderungen, bei denen die CONFIEP bei der Schaffung einer öffentlichen Meinung eine bestimmende Rolle einnahm, die bei den geforderten Gesetzesänderungen die Sorgfaltspflicht der Unternehmen nicht einbezog.

Auf der anderen Seite gibt es viele Fälle in denen es zu Rechtsverletzungen seitens der Konzerne oder des Staates gekommen ist. Diese haben in der Mehrzahl der Fälle die Opfer nicht entschädigt. Es gibt seit mehr als 40 Jahren Umweltverschmutzung durch Erdöl ohne jede Entschädigung bis zum heutigen Tag. Dies betrifft die Gemeinden der vier Becken in Loreto, hier kann man verschiedene Rechtsverletzungen feststellen, wie die Verletzung des Rechts auf Land und Territorium, des Rechts auf vorherige Befragung und Zustimmung, des Rechts auf eine gesunde Umwelt. Ebenso gibt es negative Auswirkungen auf die Gesundheit der indigenen Völker. Das bringt uns zu dem Schluss, dass die Leitprinzipien die Rechte der indigenen Völker nicht explizit wahrnehmen.

Darüber hinaus sind die UN-Leitlinien aktuell auch nicht ausreichend, die Auswirkungen zu kontrollieren, die die transnationalen Konzerne auf die Menschenrechte haben, insbesondere auf die indigene Bevölkerung. Man muss wissen, dass diese Prinzipien kein juristisches Instrument sind und deshalb keine internationalen gesetzlichen Verpflichtungen für die Konzerne darstellen; ebenso sind die Leitlinien schwach, was die Obliegenheiten des Staates angeht, da sie nicht in internationalen Verträgen verankert sind. Die Anwendung der Prinzipien appelliert an die Freiwilligkeit der Konzerne und die ziehen es vor, sich durch ihre Ethik-Codices selbst zu regulieren. Dennoch nahm der Menschenrechtsrat im Jahr 2014 eine Resolution an, die von Ecuador und Südafrika vorgebracht worden war und die zum Ziel hat, weltweite Verhandlungen anzustoßen um ein Instrument zu schaffen, das transnationale Konzerne verpflichten soll, die Menschenrechte auf globaler Ebene zu respektieren, auch wenn es bis heute nicht viele Neuigkeiten hierzu gab.

Tatsache ist, dass zur Überwachung der Erfüllung dieser Prinzipien zwei Mitglieder der Arbeitsgruppe “Konzerne und Menschenrechte” offiziell zu Besuch in Peru waren. Ein Besuch, der am 19. Juli nach neuntägigen Treffen mit Konzernen, Regierung und Organisationen der Zivilgesellschaft zu Ende ging. Was letztere angeht, gab es Raum für die Vorstellung einiger Fälle von Rechtsverletzungen durch Bergbauaktivitäten, durch Erdölförderung, durch Agrarindustrie, Infrastruktur, (fehlende) vorherige Konsultation, Rechtsverletzungen der Konzerne gegenüber Rechtsverteidigern und Verletzungen des Arbeitsrechts. Für Juni 2018 wird der offizielle Abschlussbericht mit seinen Schlussfolgerungen und Empfehlungen erwartet, der vor dem Menschenrechtsrat präsentiert werden wird.

Inzwischen hoffen wir, dass die Arbeitsgruppe "Konzerne und Menschenrechte" den nationalen und transnationalen Konzernen empfehlen möge, dass ihre Aktionen zur Einflussnahme und Wahrung ihrer Interessen (durch Lobbies) den Rahmen des Menschenrechtsschutzes weder verletzen noch schwächen sollten. Ebenso empfiehlt es sich für den Staat, sei es die legislative, sei es die exekutive Gewalt, dass seine gesetzgeberischen Handlungen zur Förderung der öffentlichen und privaten Investitionen den Rahmen des internationalen Schutzes der Menschenrechte nicht verletzen und nicht schwächen sollten.

Luis Hallazi Méndez aus Peru ist Rechtsanwalt und Politologe und forscht zu Menschenrechtsfragen