Zum Tag der Muttersprache der Unesco

Auf dem amerikanischen Kontinent gibt es 1.060 Sprachen, von denen 64 Prozent vom Aussterben bedroht sind

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Atlas der lebendigen Sprachen der Unesco
Atlas der lebendigen Sprachen der Unesco

Seitdem die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) im Jahre 2000 den 21. Februar zum Internationalen Tag der Muttersprache erklärte, wird dieser Tag mit dem Ziel begangen, die sprachliche Vielfalt und die mehrsprachige Erziehung zu fördern. In allen Gesellschaften soll einer besseren Kenntnis der kulturellen Traditionen der Weg bereitet und so die kulturelle Identität der Völker bewahrt werden.

Auf dem amerikanischen Kontinent hat dieser Tag eine besondere Bedeutung, da allein in dieser Weltregion insgesamt 1.060 Sprachen beheimatet sind, von denen 64 Prozent vom Aussterben bedroht sind. Die Unesco wiederholt ständig, dass "die Sprachen von einem unschätzbaren kulturellen Reichtum sind, denn es handelt sich dabei um eine einzigartige Form, die Realität zu interpretieren, ein kulturelles Gut, das Identität, gesellschaftliche Integration und Kommunikation in sich vereint".

Als Muttersprache wird die erste Sprache bezeichnet, die in einer bestimmten Region vorherrscht, die Sprache, die jeder Einwohner in seinem Umfeld kennenlernt und lernt. Die Muttersprache ist diejenige, die auf natürliche Weise durch die Familie und das gesellschaftliche Umfeld erlernt wird. Deshalb ist sie die Grundlage für das lokale, regionale und nationale Denken.

Dass dieser Tag seit bereits 16 Jahren begangen wird, zeugt vom Bemühen der Unesco, das immaterielle Kulturgut der Menschheit zu schützen und die kulturelle Vielfalt zu bewahren. Im Rahmen dieser Zielstellung tritt die Unesco dafür ein, die Kinder von frühester Kindheit an in ihren Muttersprachen aufzuziehen, weil das dazu beiträgt, solide Grundlagen für das Erlernen der Muttersprache zu schaffen. "Wenn die Kinder ihre Muttersprache zu Hause oder in der kindlichen Erziehung benutzen, so werden sie besser darauf eingestellt, sich ohne große Probleme in ihrer Muttersprache zu alphabetisieren und später dann in einer weiteren Etappe ihrer Schulausbildung eine zweite Sprache zu erlernen".

1999 bekannte sich die Unesco zur Idee einer "mehrsprachigen Bildung", und bezog sich dabei auf die Verwendung von mindestens drei Sprachen im schulischen Raum: die Muttersprache, eine regionale bzw. nationale Sprache und eine weitere internationale Sprache. Ebenso treibt die Unesco in Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) in Lateinamerika die inklusive Bildung mittels zweisprachiger interkultureller Methoden voran, um auf diese Weise sowohl eingeborene Kulturen zu sammeln, wie auch solche, die es nicht sind.

Laut Unesco braucht es zumindest 100.000 Menschen, die eine Sprache sprechen, damit diese überlebt. Auf der Welt koexistieren 7.016 Sprachen, von denen mindestens die Hälfte Gefahr läuft zu verschwinden. Obwohl es eine Realität ist, die schwerlich als Problem wahrgenommen wird, ist es so, dass, während die Unterrichtung in Sprachen, die in aller Welt gesprochen werden, immer weiter ausgedehnt wird, die Sprachen von Minderheiten von immer weniger Leuten gesprochen und letztendlich links liegen gelassen werden. Die Vermittlung einer Sprache bezieht sich also nicht nur auf die Kenntnis einer Sprache, sondern auch auf die Sitten und Gebräuche und andere mit dieser Sprache implizierten Dinge, bekräftigt die Unesco.

In Lateinamerika spricht man mehrheitlich Spanisch oder Portugiesisch, aber es gibt auch eine Vielzahl von indigenen Sprachen. Laut soziolinguistischem Atlas der indigenen Völker Lateinamerikas gibt es 522 originäre Völker, die 420 Sprachen benutzen.

In Venezuela werden von den insgesamt 40 im Lande existierenden Völkern mindestens 20 indigene Sprachen gesprochen, die sich bis in die Gegenwart hinein rein erhalten haben. Andererseits gibt es in Ecuador mindestens eine Million Menschen, die sich um den Erhalt von 14 indigenen Sprachen bemühen. In Brasilien weisen die Statistiken ungefähr 180 in abgelegenen Gegenden gesprochenen indigenen Sprachen auf, und weitere Sprachen werden von Immigranten und deren Nachkommen gesprochen. "Der Gigant des Südens" zählt darüber hinaus über signifikante, im Süden des Landes angesiedelte Gemeinschaften, wo es eine große Anzahl Deutsch sprechender Mitglieder (größtenteils Hunsrückisch, einem hochdeutschen Dialekt) und Italienisch sprechender Mitglieder (hauptsächlich das Talian venezianischen Ursprungs) gibt. In Mexico äußerte der Volksbildungsminister, Emilio Chuayffet Chemor, anläßlich des Tages der Muttersprache, dass im Lande eine Politik forciert wird, um das Unterrichten in indigenen Sprachen auf allen Ebenen des Bildungssystems zu verstärken, wobei sich besonders um die Sprachen gekümmert werde, die vom Verschwinden bedroht sind. Gemäß einer Untersuchung der Anden-Universität und des Kolumbianischen Zentrums zum Studium der Sprache von Ureinwohnern gibt es in Kolumbien drei indigene Sprachen, die von jeweils mehr als 50.000 Menschen gesprochen werden: Wayú, Paez und Embera.

An drei lateinamerikanischen Universitäten wird in Zukunft Guaraní gelehrt. 57 Prozent der Bevölkerung Paraguays verständigt sich in Guaraní, und über 90 Prozent der Paraguayer sind zweisprachig. Guaraní wird außer in Paraguay auch in einigen Gebieten Boliviens, Brasiliens und Argentiniens gesprochen.