Venezuela / Medien

Zenit der katholischen Desinformation

Wahrheitstreue ausbaufähig

“Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen”, lautet anscheinend die Devise der Katholischen Amtskirche in Venezuela, wenn es darum geht, die Verfassungsreform zu verhindern. Ein Teil der Bischöfe heuchelt Friedenswillen, während der andere sich der Desinformation verschrieben hat.

“Venezuelas Bischöfe rufen zu sozialem Frieden auf” meldet die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) am 14. November 2007 aus Caracas. Die Nachricht bezieht sich auf eine Stellungnahme der Würdenträger, die angesichts der gewaltsamen Demonstrationen oppositioneller Studenten zu Dialog und Toleranz aufrufen. Dann heißt es weiter: “Die Kirche wendet sich gegen die Reform, weil sie die politische Freiheit und das Recht auf Meinungsäußerung gefährdet sieht.” Die Meldung endet mit dem Hinweis auf die Tagung des Lateinamerikanischen Bischofsrats (Celam) in Rom, an der auch der Bischof von Merida, Baltasar Enrique Porras Cardozo, teilnimmt. Man erwarte, daß der Celam mit Papst Benedikt XVI. auch über die Situation in Venezuela spräche.

Die KNA erwähnt weder, daß Porras der Vizepräsident des Celam ist, noch daß er 2002 die Inthronisierung des Putschpräsidenten Pedro Carmona Estanga mit seiner Anwesenheit quasi absegnete. Der KNA-Medlung fehlt auch der Hinweis auf das Interview, das Porras am selben Tag der ebenfalls katholischen Nachrichtenagentur ZENIT gegeben hat.

Deren Meldung steht unter dem Titel Die demokratische Ordnung in Venezuela steht auf dem Spiel . Im Untertitel zitiert ZENIT Bischof Porras: "Ich sehe keine friedliche Zukunft für unser Land." Es folgt ein apokalyptisches Bild der aktuellen Situation in der Bolivarianischen Republik, das einzig und allein auf den Aussagen des Geistlichen basiert. So darf er unwidersprochen behaupten, daß “die Gefahren für die Demokratie in seiner Heimat” nur von der “sozialistisch-bolivarianischen Ideologie” ausgingen.

Porras beklagt, es wäre keine Verfassungsreform, da “die Entscheidungsfreiheit der Regierung ungebührlich erweitert werde.” Auch die “Abstimmung über die insgesamt 60 Artikel in zwei Blöcken beschränke die freie Meinungsäußerung des Volkes”, schwadroniert der Vertreter Gottes in Merida weiter. Und schon jetzt macht er klar, daß der zu erwartende Chávez-Sieg in Frage gestellt werden darf: Es gäbe keine Kontrolle über den regulären Verlauf der Wahlen, folglich sei das Wahlergebnis “unvorhersehrbar”, zitiert ihn ZENIT. Weiter führt er aus:

Ein Sieg der Pro-Reform-Partei heiße nicht, dass dieser Volksentscheid als demokratische Entscheidung zu akzeptieren wäre. Schließlich handle es sich ja eben nicht um eine demokratische Entscheidung: 80 Prozent aller Radio- und Fernsehsender stünden gegenwärtig im Staatsdienst, und nur 20 Prozent überdies zu Zeiten mit geringen Einschaltquoten [seien den oppositionellen Kräften vorbehalten, IN].

Genau das Gegenteil ist der Fall: 80% der Sender des terrestrisch ausgestrahlten Fernsehens in Venezuela und der Radiosender gehören zum Privatsektor und werden von ihm betrieben.

Seine Ausführungen, die geeignet sind, ein Putschklima herbeizureden, beendet Baltasar Porras mit der verquasten Behauptung:

Während eine kleine Minderheit von Christen für die Regierung Partei ergreift, sei hinsichtlich der Verteidigung der Freiheit, der Menschenrechte sowie des inneren und äußeren Friedens eine große Geschlossenheit festzustellen, was sich in einem Zuwachs an Berufungen und Konversionen äußere.

96% der Venezolaner gelten als Katholiken, 2% als Protestanten, die restlichen zwei Prozent teilen sich Moslems und Juden mit anderen Religionen.Da Präsident Hugo Chávez im Dezember 2006 mit 60% der Stimmen wiedergewählt wurde, kann die bischöfliche Milchmädchenrechnung nicht aufgehen.

ZENIT versteht sich als eine “gemeinnützige internationale Nachrichtenagentur”, die davon überzeugt ist,” dass die Botschaft der katholischen Kirche und insbesondere ihre Soziallehre ein außerordentlicher Schatz ist und ein Licht, das die Gegenwart verstehen hilft.” Deshalb formuliert sie für sich folgenden Anspruch: “Wir wollen durch den wirksamen Einsatz moderner Technologien und mit bestem journalistischen Geschick wahrheitsgetreu über 'die Welt von Rom aus gesehen' informieren.”

Die Wahrheitstreue ist zweifelsohne ausbaufähig. Die Bedingung dafür ist aber, daß sich die Geistlichen für die journalistische Sorgfaltspflicht und gegen die angemaßte Unfehlbarkeit seiner bischöflichen Exzellenz in Sachen Venezuela entscheiden.


Die Selbstdarstellung von Zenit finden Sie hier .