Erstmals Folterer in Brasilien öffentlich geoutet

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"Hier gegenüber wohnt ein Folterer"
"Hier gegenüber wohnt ein Folterer". In Brasilien werden erstmals Folterer öffentlich geoutet

Brasília. Demonstranten haben in Brasilien erstmals mutmaßliche Folterer aus der Zeit der Militärdiktatur öffentlich geoutet. In São Paulo, Belo Horizonte, Belém und Porto Alegre zogen mehrere hundert überwiegend junge Demonstranten der Gruppe Levante Popular da Juventude vor den Wohnhäusern und Geschäften der Betroffenen auf, um ihre Taten in der Nachbarschaft öffentlich zu machen. Auf Transparenten und Plakaten nannten sie die Verantwortlichen beim Namen und beschrieben deren Verbrechen. Dies berichtet das Magazin Brasil de fato unter Berufung auf die Organisatoren der landesweit koordinierten Aktion.

Die Demonstranten folgen mit dem "Esculacho" dem in Argentinien seit Jahren von Gruppen geübten Vorgang des sogenannten "escrache". Dabei werden die Wohnhäuser verantwortlicher Militärs meist mit Farbe und Mehl gekennzeichnet. Auch in Chile werden so Verantwortliche aus der Zeit der Militärdiktatur unter dem Begriff "Funar" geoutet.

In São Paulo outeten die Demonstranten David dos Santos Araújo, den "Capitão Lisboa”, aus dem während der Militärdikatur berüchtigten Folterzentrum DOI-CODI. In Belo Horizonte demonstrierten sie vor dem Haus von Ariovaldo da Hora e Silva, der laut dem Menschenrechtsbericht "Brasil Nunca Mais" während der Militärdiktatur im DOPS im Bundesstaat Minas Gerais folterte. Auch in Porto Alegre und Belém outeten die Demonstranten hochrangige Vertreter der Militärdiktatur.

In Brasilien wurde bislang noch kein Mitarbeiter von Militär, Geheimdienst oder Polizei wegen Taten aus der Zeit der Militärdiktatur (1964-1985) strafrechtlich verurteilt. Das verhindert das seit 1979 geltende Amnestiegesetz, unter das alle  Menschenrechtsverbrechen fallen, die vor dem 15. August 1979 begangen wurden. Vor knapp zwei Jahren hatte der Oberste Gerichtshofs Brasiliens (STF) die Gültigkeit des Amnestiegesetzes erneut bestätigt. Allerdings plant die Justiz laut Informationen der Tageszeitung Folha de São Paulo Klage gegen Ex-Militärs wegen verschiedenen Fällen von Verschwundenen mit der Argumentation, dass diese bis heute nicht wieder aufgetaucht seien und fortwährende Verbrechen bestraft werden müssten.