Warnung vor globaler Militarisierung

Kongress der Ärzte- und Friedensorganisation IPPNW: Vertreter aus Lateinamerika weisen auf mögliche Folgen der Weltwirtschaftskrise hin

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Russlands Botschafter in Genf, Valeriy V. Loshchinin, am Rednerpult
Russlands Botschafter in Genf, Valeriy V. Loshchinin, am Rednerpult

Basel/Havanna/Managua. Abrüstungsexperten aus Lateinamerika haben am Rande des Weltkongresses der Ärzte- und Friedensorganisation IPPNW im schweizerischen Basel vor einer weiteren Militarisierung ihrer Region und anderen Teilen des Globus´ gewarnt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Weltwirtschaftskrise könnten sich kriegerische Auseinandersetzungen weltweit verschärfen, sagten sie auf der Tagung der IPPNW, die sich seit drei Jahrzehnten für ein Verbot von Atomwaffen einsetzt.

"Wir sehen uns derzeit nicht nur einer Krise, sondern fast zwei Dutzend Krisen gegenüber", sagte Antonio Jarquín, der die IPPNW in Nicaragua vertritt. Die Ressourcenknappheit und das Scheitern des kapitalistischen Systems schürten die Gefahr für kriegerische Auseinandersetzungen weltweit, sagte der ehemalige Botschafter seines Landes in den USA. Vor allem Washington setze auf Krieg als Wirtschaftsfaktor. "Doch dieser militärische Keynesianismus, der vor allem vom ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush vertreten wurde, funktioniert heute nicht mehr so wie vielleicht noch während des Zweiten Weltkriegs", sagte Jarquín, der zugleich auf die massiv steigende Präsenz von US-Militärs in Lateinamerika hinwies.

Wie der nicaraguanische Aktivist verwies auch der kubanische IPPNW-Vertreter Carlos Pazos auf die Notwendigkeit, den Einsatz gegen die weltweite Militarisierung mit einer kritischen Analyse der neoliberalen Globalisierung zu verbinden. "Die unilaterale, nur noch von den USA beherrschte Weltordnung nach dem Ende des so genannten Kalten Krieges wurde schließlich mit einem Krieg eingeleitet, dem ersten US-irakischen Golfkrieg", sagte Pazos, der von 1993 bis 1996 dem Präsidium der IPPNW angehörte.

Jarquín und Pazos vertraten in Basel die These, dass die USA derzeit versuchen, die Kontrolle über die lateinamerikanischen Ressourcen zurück zu erlangen, um weitre mögliche Kriege im euro-asiatischen Raum abzusichern.

Die deutsch-argentinische Politologin Viviana Uriona referierte über mögliche gesellschaftliche Alternativen in Lateinamerika. Der "Linksruck" in den Staaten dieser Region seien nur durch die kontinuierliche Arbeit sozialer Bewegungen möglich gewesen, so Uriona. Ein Erfolg sei, dass das neoliberale Modell in diesen Ländern nicht mehr als selbstverständlich angesehen und in Frage gestellt wird, so die amerika21-Autorin.

Unter reger Beteiligung von Mitgliedern, Aktivisten und Referenten aus südlichen Staaten wurde dieses Thema in den fünf Tagen des Kongresses eingehend diskutiert. "Es gab in der Tat ein großen Interesse an diesen politischen Themen", sagte Christoph Krämer, Mitglied im Vorstand der deutschen IPPNW-Sektion. Dies sei umso spannender, als dass die Organisation bislang keine abschließende Position zu Globalisierungsfrage gefunden habe.

Die IPPNW wurde 1980 gegründet und ist inzwischen in 65 Staaten präsent. Für ihr Engagement gegen Krieg und Militarisierung erhielt sie 1985 den Friedensnobelpreis.