"Putsch-Kardinal" wähnt überall Verfolgung

Honduranischer Kirchenfunktionär Rodríguez Maradiaga sagt Podium in Hamburg nach Protest ab. Verschwörungstheorien bei Springer

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Rodríguez Maradiaga sitzt auf einem Stuhl
Verliert seine Ruhe: Rodríguez Maradiaga

Hamburg. Menschenrechtsgruppen und entwicklungspolitische Organisationen haben in Hamburg gegen öffentliche Auftritte des honduranischen Kardinals Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga protestiert. Die Aktivisten werfen dem hochrangigen Kirchenfunktionär vor, den Putsch gegen die letzte demokratisch gewählte Regierung unter Präsident Manuel Zelaya Ende Juni 2009 unterstützt zu haben. Seit dem Staatsstreich sind nach Angaben honduranischer Menschenrechtsgruppen über 100 Mitglieder der Demokratiebewegung ermordet worden.

Rodríguez Maradiaga hatte sich nach dem blutigen Umsturz öffentlich auf die Seite der Putschisten gestellt. Bei einer TV-Ansprache drohte er Präsident Zelaya, es werde bei dessen möglicher Rückkehr ein "Blutbad" geben. Der Staatschef war von putschistischen Truppen in den frühen Morgenstunden des 28. Juni 2009 nach Costa Rica deportiert worden.

Während seines aktuellen Deutschland-Aufenthaltes sollte Rodríguez Maradiaga am Freitag in der Katholischen Akademie Hamburg an einer Diskussion zum Thema "Globalisierung der Solidarität" teilnehmen. Die Veranstaltung wurde nach Protesten jedoch abgesagt. Nach Auskunft der katholischen Bildungseinrichtung war der Grund dafür die Absage des Buchautors Rupert Neudeck. Im Gespräch mit amerika21 gab Neudeck Ende der Woche jedoch an, ebenfalls von der Katholischen Akademie über die Absage informiert worden zu sein.

Indes gab es auch Protest zu Beginn einer Veranstaltung mit Rodríguez Maradiaga am Freitagnachmittag in der Hamburger Petri-Kirche. In lauten Rufen wurde der Kardinal als "Putschist" bezeichnet und aufgefordert, Buße zu tun. Der veranstaltende Pastor bezeichnete den Gast aus Honduras daraufhin in seiner Ansprache als "kontroverse" Figur und hörte sich anschließend im Gespräch mit einem Menschrechtsaktivisten die Vorwürfe gegen den Kardinal an. Laut Auskunft des Pastors sei Rodríguez Maradiaga nicht bereit gewesen, öffentlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Auf Interesse stieß die Aktion bei einigen Teilnehmern der Veranstaltung in der Kirche, die sich über die umstrittene Rolle des Kardinals während und nach dem Putsch informierten.

Während Rodríguez Maradiaga in der Kirche zu seiner Unterstützung der Putschisten schwieg, zeigte er sich gegenüber der Tageszeitung Hamburger Abendblatt der Axel Springer AG auskunftsfreudiger. Er fühle sich als "verfolgt" und als "Feindbild sozialistischer Gruppen", hieß es in einem Kurzbericht des Blattes, in dem die Vorwürfe gegen ihn keine Erwähnung fanden. Stattdessen übten sich Kardinal und Abendblatt in Verschwörungstheorien. Bei den Menschenrechtsaktivisten – unter ihnen Mitglieder von Amnesty International – handele es sich um "in Kuba und Venezuela beheimatete Linke".