Klimaschutz ohne Entwicklung?

Auch der Kyoto-2-Prozess droht zu scheitern. Auch Staaten Lateinamerikas und der Karibik drängen auf nachhaltigen Klimaschutz

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Emmissionen eines Heizkraftwerks in Deutschland
Emmissionen eines Heizkraftwerks in Deutschland

Doha, Katar. Ab diesem Sonntag haben auf der Klimakonferenz der Vereinten Nation (UNFCCC) tausende Delegierte aus über 190 Ländern zwölf Tage Zeit, um wieder Bewegung in die seit Jahren festgefahrene internationale Klimapolitik zu bringen.

Das Kyoto-Protokoll läuft Ende des Jahres aus und konnte den Anstieg der globalen Kohlendioxid-Emissionen nicht bremsen. In Doha soll die Grundlage für ein neues Abkommen gelegt werden. Die Übergangszeit könnte über eine zweite Verpflichtungsperiode im Rahmen des Kyoto-Protokolls geregelt werden. Auch Staaten Lateinamerikas und der Karibik hatten zuletzt auf ein nachhaltiges Abkommen zum Klimaschutz beharrt.

Doch 2011 stieg Kanada aus dem Kyoto-Abkommen aus. Die USA ratifizierten es ohnehin nie. Japan, Russland und Neuseeland lehnen eine Verlängerung von Kyoto ab. Wenn keine weiteren Mitstreiter gewonnen werden, wird Kyoto 2 nur marginalen Einfluss auf die Entwicklung der weltweiten Emissionen haben. Zumal auch die Angebote der derzeitigen Fürsprecher mager ausfallen. Australien bietet bisher nur eine Reduktion um fünf Prozent (Basisjahr 2000) an und die EU um 20 Prozent (Basisjahr 1990).

Mit Mexiko und Brasilien rufen nun zwei Länder Lateinamerikas dazu auf, sich mit ambitionierten Reduktionszielen zu Kyoto zu bekennen. Brasilien schlägt vor, dass ab 2020 ein neuer Vertrag in Kraft tritt, in dem sich dann alle Länder – entsprechend ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung – zur Deckelung der Emissionen verpflichten.

Bisher wurden Länder wie Brasilien, alle Nicht-Annex 1 Staaten, nur über den Clean Development Mechanism (CDM) in das UN-Klimaregime integriert. CDM-Projekte sollen in den Gastländern zu nachhaltiger Entwicklung führen. Mit den Zertifikaten erhalten die Staaten beziehungsweise Unternehmen mit Emissionsbegrenzungen das Recht, zusätzliche Emissionen auszustoßen. Viele Organisationen sehen dies kritisch, da ein Großteil der vermeintlichen Einsparungen fragwürdigen Ursprungs sind. Dadurch werden die ohnehin schwachen Kyoto-Ziele weiter aufgeweicht und der notwendige Strukturwandel hierzulande verschleppt. Zudem weisen Kritiker des Prozesses darauf hin, dass die meisten Projekte eben nicht zu nachhaltiger Entwicklung beitragen oder gar negative Folgen vor Ort haben. Das Stahlwerk von ThyssenKrupp in Rio de Janeiro etwa erhöht den Kohlendioxidausstoß der gesamten Stadt um satte 72 Prozent. Anwohner und Fischer leiden unter der vermeintlich "grünen" Produktion.

Fast die Hälfte aller Zertifikate in Lateinamerika stammt aus Brasilien, gefolgt von Mexiko (17 Prozent), Chile (neun Prozent) und Kolumbien (sechs Prozent). Venezuela und Bolivien sprechen sich klar gegen den CDM oder andere marktbasierte Lösungen aus. Bolivien fordert verpflichtende Reduktionsvorgaben auch von China, Indien, Brasilien und Südafrika  sowie höhere Reduktionsziele der Annex-1 Staaten (40 bis 50 Prozent bis 2020).